Kapitel 184

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Wie Ferngesteuert, fuhr Riku durch die Gegend. Ein Ziel hatte er nicht. Zumindest am Anfang nicht. Bis er etwas ausserhalb von Helsinki, das Auto zum stehen brachte. Einen Unfall brauchte er jetzt nicht. Riku schloss ab und lief den schmalen Weg entlang. Bis er, zwischen ein paar Dünen hindurch, am Strand war. Die Schuhe ausgezogen, lief Riku bis zum Wasser. Blieb stehen und liess es um seine nackten Füsse schmeicheln. Mit geschlossenen Augen, atmete er die frische Luft in seine Lungen. Er spürte Samus Hände auf seiner nackten Haut. Sah sie beide am See im Wasser und wie sie sich liebten. Das letzte Mal. Da war ihre Welt, die schon damals Risse hatte und am wanken war, noch oder wieder in Ordnung. Die Liebe schien gesiegt zu haben. Anscheinend war sie jedoch nicht stark genug, um diese Zeit zu überstehen. All die Zweifel erst gar nicht aufkommen zu lassen. ‘Hast du mit ihr geschlafen?’ Samus Worte schmerzten Riku, wie kleine feine Nadelstiche. Das konnte er doch nicht wirklich denken? Riku hatte sich seit Tagen darauf gefreut, Samu endlich wieder bei sich zu haben. Wenn auch die letzten Male eher weniger harmonisch abliefen. Er gab die Hoffnung nicht auf, dass es dieses Mal anders kam. Weil es mehr Tage waren. Und jetzt das. Samu machte einen solchen Aufstand, wegen ein paar Bildern. Nachdem sich Riku schon unzählige solcher Bilder antun musste. Mit Kommentaren darunter, wie ‘Was für ein schönes Paar.’ – ‘Sie strahlen, frisch verliebt um die Wette’, um nur ein paar davon zu nennen. Jedes einzelne Bild. Jedes Wort. Das alles, hinterliess kleine Kratzer auf Rikus Herz. Doch nahm er es einfach so hin. Weil Riku es besser wusste. Sagte nichts und schluckte seine Gefühle und Emotionen hinunter. Lenkte sich stattdessen ab. Nur um den Frieden zu bewahren. Damit sie die wenigen gemeinsamen Stunden geniessen konnten, ohne sich zu streiten. Die Gereiztheit zwischen ihnen beiden, hatte wieder zu genommen, während Samu in Berlin und nur selten zuhause war. Jedoch auch, weil sich Riku Samus Rat, nicht zu warten, zu Herzen nahm und manchmal wirklich nicht da war, wenn der Blonde nachhause kam. Warum sollte es nur Riku so ergehen? Aber es war typisch für Samus Verhalten, seit der grösseren Medien Präsent. Grosse Worte und nichts dahinter. Seine egoistische Seite nahm mehr und mehr überhand. Für Riku manchmal schwer zu ertragen. Kannte er dies nicht von Samu, ihm gegenüber. Ein Seufzen erfüllte die Stille, die nur durch das Rauschen der Wellen unterbrochen wurde. Während er seinen Gedanken nach hing und versuchte zu verstehen, was in den paar Minuten, seit Samus Ankunft, vor sich ging, fasste er einen Entschluss. So schwer es ihm fallen wird. Und das wird es. Denn obwohl sich Samu wie das letzte Arsch benommen hatte, liebte er ihn. Das war der Grund, warum Riku das alles so mit nahm. Hart traf und aufwühlte. Doch musste es sein. Es musste sich etwas ändern. Sonst sah er schwarz. Noch mehr, als ohnehin schon.

Er hatte ihn tatsächlich geschlagen. Riku wurde noch nie, seit er ihn kannte, handgreiflich. Auch nicht in den noch so heikelsten Situationen, in denen er selber manchmal fast eskalierte. ‘Du hast es auch nicht anders verdient, du Vollidiot', schimpfte er mit sich selber. Wie konnten diese verdammten Worte, die seit dem Flughafen in Samus Kopf umher schwirrten, nur seinen Mund verlassen? War ja klar, dass er Riku damit quasi den Todesstoss gab. Vielleicht nicht nur ihm, sondern auch ihrer Beziehung. Für die sie so sehr gekämpft haben. Sich krampfhaft an der Liebe fest hielten. Wie zwei Ertrinkende sich an einem Stück Holz fest hielten, um nicht unter zu gehen. Doch was, wenn die Liebe nicht stark genug war, um sie beide fest zu halten? Was, wenn sie schon lange verloren hatten, obwohl sie noch immer kämpften? Vielleicht konnten sie bei dieser, ihrer Geschichte, nur verlieren. Samu seufzte und rieb sich über die brennende Wange. Das Beste würde wohl sein, nach der heutigen Sache, dass er in Berlin blieb, bis die Dreharbeiten zu Ende sind. Oder bis...Samu wusste es nicht. Nur, dass es besser war. Für sie beide. Es war nur eine Frage der Zeit, dass Riku wieder nachhause kam und ihn raus warf oder selber ging. Samu warf seine Klamotten in den Trockner. Legte noch zusätzliche in die Tasche. Dann sah er nach Flügen. Er hatte Glück. Oder wie man dies in dieser Situation auch immer nennen soll. Es gab noch einen Platz in der Abend Maschine nach Berlin.

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