Es war noch dunkel und für Samus Empfinden, mitten in der Nacht, als er in die Küche schlurfte, um den ersten Kaffee in sich rein zu schütten. Das Gepäck stand bereit. Er hatte es gestern in den Flur gebracht, um Riku nicht zu wecken. Samu seufzte und sein Blick wanderte an die Decke. Die Tasse in die Spülmaschine gestellt, ging Samu noch einmal nach oben. Er konnte nicht gehen, ohne Riku noch einmal zu sehen und zu berühren. Er musste einfach. Leises, gleichmässiges Atmen erfüllte den Raum. Ohne neben ihm zu liegen, konnte Samu Rikus Wärme spüren, die ihn umgab, wenn er eng umschlungen mit dem Lockenkopf im Bett lag. Der warme Atem, der seinen Hals streichelte. Die Hände mit den rauen Fingerspitzen, die über seinem Herzen lag und in seinen Haaren vergraben war. Seine Nase, die in den weichen Locken lag und immer wenn er kurz aufwachte, den unverkennbaren Duft in sich auf sog. Das Gefühl von Zuhause sein.
Samu hatte sich auf Rikus Seite, neben das Bett gekniet. Sein schönes Gesicht, dicht vor ihm. Sachte strich Samu Riku eine Locke aus dem Gesicht. Wie er es liebte, wenn sie so lang waren. Riku dagegen, fluchte immer darüber, dass er sie so nicht anständig in Form bringen konnte. Das war, nach Samus Meinung, auch gar nicht nötig. Bei so schönen Locken. Nicht wie er, mit seiner Frise. Noch einmal Rikus Haut unter seinen Lippen spüren, rang Samu mit sich selber. Diesen Kampf verlor er immer kläglich. Samu legte seine Lippen auf Rikus Stirn und verharrte dort. „Ich liebe dich! Vergiss das nicht, Rik.“ Flüsterte Samu und küsste die weichen Locken von seinem Freund. Oder was auch immer sie, im Moment waren. Mit all seiner Kraft, löste sich Samu von Riku. Es wurde Zeit. Der Flieger würde nicht auf Samu Haber warten. Vielleicht genau so wenig, wie dies Riku tat. Leise zog er die Schlafzimmertür ins Schloss.Sein Duft hing immer noch in der Luft. Stumme Tränen verliessen Rikus Augen, als er Samus Bemu über den Kies fahren hörte. Er war weg. Riku war es sich gewöhnt, dass Samu nicht da war. Sie hatten schon eine Trennung hinter sich. Wie manche wohl noch kommen mag? Er wusste, in dem Augenblick, dass ihn die Tour kaputt machte. Jeden Tag in Samus Gegenwart zu sein und nicht das zu bekommen, nach was er sich eigentlich sehnte. Riku musste versuchen, seine Gefühle und Wünsche zu begraben. Hinter eine dicke Mauer zu sperren, damit es weniger schmerzte. Sinnloses Zeugs darüber legen. Darin war er ja Meister. Zeit genug, hatte Riku auch. Wahrscheinlich würde er Samu erst wieder bei der Tour sehen. Riku stand auf und stellte sich auf den kleinen Balkon, über der Terrasse. Sie hatten Grosses im Sinn. Gemeinsam gegen den Rest der Welt. Mit ihrem Haus, hatten sie sich eine Festung zu gelegt. Der Rückzugsort, nach einer langen und anstrengenden Tour. Ihr Liebesnest. Jetzt war es nur noch ein Haus. Voller schöner Erinnerungen. Genau wie aus ihnen zwei Einzelkämpfer wurde. Jeder von ihnen, kämpft für etwas anderes. Keiner kämpft mehr für sie gemeinsam. Für das, was sie gemeinsam hatten und haben wollten. Riku hatte noch keine Ahnung, ob er hier bleiben würde oder nicht. Zu sehr, schmerzten ihn die Erinnerungen, in dem Moment. Er würde es auf sich zu kommen lassen. Alles.
An Schlaf war nicht mehr zu denken. Weshalb sich Riku eine Jogginghose überzog, den Pulli schnappte, der über dem Stuhl hing und nach unten in die Küche ging. So wie er Samu kannte, lief die Kaffeemaschine schon. Geistesabwesend nahm er Samus Lieblingstasse aus dem Schrank und stellte sie unter die Maschine. In der Hoffnung, das schwarze Gebräu würde seine Lebensgeister wecken, die seit gestern verschwunden schienen. Ein leichter Schauer durchfuhr Riku, weshalb er sich fester in den Pulli kuschelte und diesen etwas zu seinem Gesicht zog. Tief sog er den Duft darin, in sich auf. Es war Samus Pulli. Liebe war grausam. Tränen tropften von Rikus Wangen. Seinen besten Freund und Seelenverwandten zu lieben, war einfach nur scheisse.Einen ganzen Monat lang, hatte Samu seine Gitarre, die immer überall mit hin kam, nicht angerührt. Er konnte einfach nicht und vermisste es auch nicht. Bis vor ein paar Stunden. Samu jagte aus einem Traum hoch und hatte sogleich ein paar Worte im Kopf, die er nicht mehr dort weg brachte. Zusätzlich dazu, war der Traum so beklemmend, dass Samu kein Auge mehr zu brachte. Weshalb er seine Gitarre hervor nahm. Sie war immer noch die beste Ablenkung. Es war eine wohltat, die Saiten seiner Lady wieder unter den Fingern zu spüren. Das leichte Fibrieren ihres Körpers zu spüren. Den klaren, sauberen Klang daraus zu vernehmen. Genau so fühlte sich Samu jedes Mal, wenn er nach einer langen Durststrecke, endlich wieder Riku unter seinen Händen und Lippen, spüren konnte. Samu schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu verscheuchen. Es wurde schon hell draussen und Samu sass immer noch da.
„Your Skin
Touching my skin in the morning
Smelling like sun on the water
What could be wrong with this?“
Verliessen die Worte, die er schon seit einer Weile, immer wieder wiederholte, seine Lippen.
„Air
Catching my breath isn’t easy
Feels like you're breathing for me
Something is wrong with this.“
War es das, was er wirklich fühlte? Oder löste der Traum diese Worte aus?
„We’re close
Maybe too close for comfort
And if I’m really honest
I’ll never get used to this.“
Waren sie zu eng, damit es angenehm war? Ist es gut, so eng mit einander verbunden zu sein?
„Oh
Why am I fighting the angels?
Where do they want to take me?
Why is it so hard to fly?
Oh
What is so great about freedom?
You never meant to take me
A prisonier in paradies.“
Es war nicht nur der Traum. Manchmal fühlte sich Samu, wie ein Gefangener im Paradies. Er hatte alles. Und doch, fehlte da immer irgendwas. Egal wie man es drehte und wendete. Wie viel mehr Alben sie verkauften. Wie viel mehr Shows ausverkauft waren. Es war nie genug. Alle wollten mehr. Von ihnen. Von ihm. Jeder zerrte an ihm und wollte etwas. Manche mehr, manche weniger. Manche alles. Keiner war mit dem zufrieden, was er von ihm bekam. Er selber auch nicht. Denn für ihn blieb am Ende nichts mehr übrig.
„Stay
Staying’s against my nature
Credits for good behavior
Baby just give me some
We’re close
We’re way too close to comfort
And if I’m really honest
I still have the urge to run.“
Er war nicht der Typ, der stehen blieb. Sich ausruhte auf dem, was er hatte. Stillstand war in ihrer Branche schlecht. Man musste sich verändern, mit dem Trend mit halten, sich neu erfinden, wenn es sein musste. Genau das meinte Riku, im Bezug auf sie beide. Aber wie sollte er an zwei so unterschiedlichen Orten, immer in Bewegung bleiben? Immer alles ändern und neu ordnen. Ihre Beziehung schätzte Samu wegen ihrer Beständigkeit. Es war immer alles so, wie immer. Samu wusste, was ihn erwartete. Zumindest war es mal so. Deshalb fühlte er sich auch immer so wohl und geborgen. Weil er einen Ort hatte, an dem er sich einfach fallen lassen konnte. Ohne den Drang der Veränderungen. Es war nicht nötig. Sie waren sie und das war gut so und reichte. Zumindest früher. Bis Riku Veränderungen wollte. Dadurch machte er ihre Beziehung, ebenso zu einem Paradies, in dem sich Samu wie ein Gefangener vor kam, wie in seinem Traum, Musik zu machen. Man konnte es drehen und wenden, wie man wollte. So sehr er das alles brauchte, machte es ihn zu einem Gefangen, in seinem eigens kreierten Paradies. Vielleicht hatte der Song auch gar keine tiefere Bedeutung, die mit ihm und seinem Leben zusammen hing.
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Leave the past behinde
ФанфикEin einziger Moment, kann dein ganzes Leben verändern... Mit dem Moment, als Riku Rajamaa, Musiker aus Leidenschaft und begnadeter Gitarrist, das Studio betritt, verändert sich nicht nur die Situation der finnischen Band Sunrise Avenue. Auch sein e...