Ich setzte mich auf den Stuhl und legte den Teller vor mir auf den Tisch. Ein kleines Brötchen mit Käse.
Nichts, was satt machte. Aber genug um wenigstens etwas zu essen.
Ich war erst nach zwei Stunden wieder eingeschlafen. Auch wenn der Traum nicht zurückgekehrt war, war ich müde.
Die Aussichten gleich noch mehr Medikamente nehmen zu müssen, waren da nicht gerade besser.
,,Morgen", begrüßte mich eine Stimme, als ich gerade von dem Brötchen abbiss.
Ich versteckte meinen Blick wieder unter der Kapuze und Julien setzte sich mir gegenüber. Ich nickte ihm kurz zu und sah mich nach Rezo um, konnte ihn aber nicht sehen.
,,Rezo hat keinen Hunger", erriet Julien meine Gedanken.
Hatte ich auch nicht. Und trotzdem saß ich hier und aß etwas.
,,Ich dachte wir müssen hier Essen?", fragte ich etwas patzig.
Julien zuckte mit den Schulter:,,Denke einer der Pfleger wird ihm das auch noch sagen."
Julien sah mich mit einem interessierten Blick an:,,Willst du erzählen was heute Nacht los war?"
Ich erwiderte den Blick:,,Nichts."
,,Die ganze Station vollzuschreien ist nicht "Nichts"", konterte er.
Sofort wandte ich den Blick ab:,,Trotzdem nichts."
Ich biss erneut von dem Brötchen ab.
,,Okay", sagte Julien ruhiger, ,,Musst nicht drüber reden."
Danach schwieg er und ich seufzte. Da redest du schon und hast es wieder falsch gemacht.
,,Ich muss Medikamente nehmen", sagte ich und stand schließlich auf. Die Stille ertrug ich nicht.
Julien nickte und fragte dann:,,Kommst du dann mit zum Pavillion? Ein bisschen Luft tut sicher gut."
Ich sah aus dem Fenster. Die Sonne war nicht zu sehen, aber regnen tat es auch nicht. Also nickte ich. Allein im Zimmer sein, wollte ich erstmal nicht.
,,Ich geh eben Rezo holen", Julien stand ebenfalls auf und wir gingen zusammen zur Tür. Dann bog er nach links und ich ging nach rechts zum Zimmer der Pfleger.
Die Pflegerin, die mich heute Nacht gefunden redete gerade mit Herrn Pfeifer, den ich bereits kannte.
Als sie mich sah, drehte sie sich zum Schreibtisch und gab mir dann einen Becher mit Tabletten und meinem Namen darauf.
,,Ich werde später mit Frau Ohle über heute Nacht reden und dann entscheiden wir, wie wir deine Medikation ändern können. Aber einmal musst du sie noch nehmen", sie reichte mir eine Wasserflasche und ich schluckte die Tabletten mühsam runter. Sie waren fast genauso bitter wie die Tablette von heute Nacht.
,,Kann ich in den Innenhof?", fragte ich, als der Geschmack etwas besser wurde. Herr Pfeifer mussterte mich etwas kritisch.
,,Julien und Rezo kommen auch mit", fügte hinzu, in der Hoffnung das zwei ältere Patienten als Begleitung reichen würden.
In dem Moment erschien Julien in der Tür:,,Nur ich. Rezo möchte nicht mit."
Die Pflegerin überlegte kurz, dann nickte sie und trug etwas in eine Liste ein.
,,Ihr habt eine halbe Stunde", sagte sie und drückte auf einen Knopf. Die Glastüren schwangen auf und ich folgte Julien zur Treppe.
,,Alles okay mit Rezo?", fragte ich.
,,Ist halt ne Klapse", scherzte Julien, ,,Da ist gar nichts okay.",,Hey Julien, hey Mexify", begrüßte uns Taddl. Der Junge mit den blau gefärbten Haaren saß mit einem anderen Jungen mit natürlich rot gelockten Haaren auf einer der Bänke. Wie gestern rauchte er und hielt sofort auch mir eine entgegen.
Kurz überlegte ich sie zu nehmen, aber dann schüttelte ich den Kopf. Taddl sah mich schief an, steckte sie aber wieder ein. Gerade brauchte ich keinen rauchtigen Geschmack.
,,Hey Taddl", Julien gab ihm ein High-Five und dem anderen Jungen ebenfalls.
,,Mexify, das ist Simon", stellte Julien ihn vor.
,,Hi", er hielt mir die Hand hin und ich schüttelte sie etwas überfordert.
,,Taddl und die Anderen haben schon von dir erzählt", sagte Simon und ich ließ mich ihm gegenüber auf die Bank sinken.
,,Cool", kommentierte ich das.
,,Er redet", scherzte Taddl daraufhin.
,,Manchmal ja", ergänzte Julien und setzte sich neben mich.
,,Wo ist Rezo?", fragte Taddl.
Julien zuckte mit den Schultern:,,Ist nicht sein Tag, glaub ich."
Sofort verschwand Taddls Lächeln:,,Alles okay bei ihm?"
,,Denk schon", antwortete Julien monoton, ,,Ist halt Rezo."
Wussten die beiden etwas, das ich nicht wusste? Weswegen war Rezo hier und was war mit ihm?
,,Morgen kommt er sicher wieder", sagte Julien und versuchte zuversichtlich zu klingen, was kläglich misslang. Kurz herrschte Stille und alle schienen ihren Gedanken nachzuhängen.
,,Ich werde nächste Woche entlassen", sagte Simon plötzlich in die Stille.
Juliens Blick wurde wieder etwas fröhlicher:,,Wer hat das denn entschieden?"
,,Meine Psychologin hat gesagt ich wäre soweit in eine ambulante Therapie zu wechseln. Und ich denke, das packe ich", Simon lächelte und man sah ihm die Freude an.
,,Glückwunsch!", Julien stand auf und boxte ihm gegen die Schulter, ,,Bin schon neidisch."
Simon lachte:,,Darfst du bestimmt auch bald."
,,Wers glaubt", Taddl grinste und bekam ebenfalls einen leichten Schlag von Julien:,,Was soll das denn heißen?"
Alle drei lachten. Irgendwie tat das gut. Zu sehen, das sie ihr Lachen nicht verloren hatten.
Und kurz wollte ich das auch. Mit ihnen lachen und vergessen, wieso ich hier war. Aber es ging einfach nicht. Was passiert war, konnte ich nicht vergessen.
Julien begann ein Gespräch mit Simon über seine Entlassung. Ich hörte kurz zu, aber meine Gedanken schweiften ab. An die Nacht, an Rezo, wieso ich hier war. Einfach alles.
Mache ich mir gerade Gedanken über jemanden den ich 2 Tage kenne?
,,Lachen ist schwer, aber auch hier kann man seinen Spaß haben", hörte ich Taddls tiefe Stimme neben mir. Ich sah auf und er setzte sich neben mich.
,,Kann sein", meinte ich nur. Aber wirklich glauben tat ich meine Worte nicht.
,,Du fängst schonmal an zu reden. Das ist ein Anfang", fuhr er fort. Wovon?
,,Ardy hat damals eine ganze Woche gebraucht, bis er mit mir geredet hat. Und jetzt verstehen wir uns sehr gut", Taddl redete einfach weiter.
Wieso redeten alle so viel? Konnten sie nicht einfach alle ruhig sein und allein ihren Gedanken zuhören?
,,Wir müssen langsam wieder rein", Julien hielt mir seine Hand hin und ich zog mich daran hoch. ,,Viel Spaß", rief Simon uns nach und Julien hielt ihm beide Mittelfinger entgegen:,,Selber."
Dann zog er mich mit.
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Psychiatrie - Mexify
Fanfiction,,Bevor ich an meinen Gedanken sterbe, beende ich es lieber selbst" Nach einem gescheiterten Suizidversuch wird der 17.jährige Mexify in die Psychiatrie eingewiesen. Man will seine Psyche in den Griff bekommen, aber für Mexify scheint es nur noch ei...