,,Ich muss langsam zur Therapie", ich schob den leeren Joghurtbecher in die Mitte des Tisches und stand auf.
,,Warte, ich komme mit", Rezo stand zu meiner Überraschung ebenfalls auf, ,,Muss in die selbe Richtung."
,,Okay", ich nickte. ,,Viel Erfolg euch beiden", wünschte Julien mit entschuldigendem Unterton.
,,Schaffst du schon, Rezo", versuchte Felix ihn aufzumuntern.
,,Ja", Rezo lächelte kurz und musterte Julien und Felix für einen kurzen Moment. Dann drehte er sich um und ging zur Tür des Speisraumes. Ich folgte ihm wenig begeistert. Auf die Therapie mit Frau Ohle hatte ich immer weniger Lust.
In der Tür zum Speiseraum blieb Rezo stehen und ließ drei andere Patienten den Raum betreten. Gedankenverloren drehte er sich zu Julien und den Anderen um.
,,Was ist?", ich folgte seinem Blick. Rezo schwieg für einen Moment und musterte die Anderen.
Dann schüttelte er nur den Kopf:,,Hab einfach echt keinen Bock auf die Familientherapie." Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ den Speiseraum.
Ich holte auf und lief schweigend neben ihm. Wenn ich nur wüsste, wie ich ihn aufmuntern könnte. Bei allen anderen war es mir bisher gelungen, nur an Rezo schien ich zu scheitern.
Er bog in den Flur zu den Therapieräumen ab und hielt schließlich vor meinem Therapieraum.
,,Musst du auch hier warten?", fragte ich verwirrt.
,,Ja", Rezo nickte und lehnte sich gegen die Wand, ,,Also drei Räume weiter, aber Frau Heidemann läuft sowieso hier vorbei."
,,Verstehe", ich lehnte mich gegenüber von Rezo an die Wand.
,,Der Hoodie ist wirklich cool", versuchte ich einen Themenwechsel.
Rezo sah zu mir und lächelte:,,Wenigstens einer, der nicht nach Rauch stinkt."
,,Nach Rauch?", ich hob eine Augenbraue.
,,Deine anderen Hoodies stinken immer nach Rauch", bemerkte Rezo. Irritiert sah ich auf Rezos Hoodie. Rochen meine wirklich nach Rauch? ,,Merkst du warscheinlich schon nicht mehr", Rezo lächelte.
,,Tut mir Leid", entschuldigte ich mich.
,,Hab mich dran gewöhnt", winkte Rezo ab. Dann schwiegen wir beide wieder.
,,Wieso rauchst du eigentlich?", fragte er nach einer Weile. Ich zuckte mit den Schultern. Die Frage war schwierig zu beantworten.
,,Manchmal hilft es", antwortete ich dennoch.
,,Ist aber ungesund", bemerkte Rezo. Ich musste lachen. Und Rezo schloss sich an. Erfreut musterte ich ihn dabei. Irgendwie hatte ich es also doch geschafft ihn aufzumuntern.
,,Solltest es lassen", Rezo lächelte, ,,Glaub das würd dir gut tun."
,,Vielleicht", ich nickte und war mir nicht sicher, ob ich es wirklich so meinte. Ich rauchte nicht oft, aber manchmal hatte ich das Gefühl einfach eine Zigarette zu brauchen. Es war keine Sucht, eher ein stummes Verlangen.
,,Hast du mal geraucht?", fragte ich.
Rezo schüttelte den Kopf:,,Ist nicht so meins. Hab mal eine von Taddl ausprobiert und bin fast gestorben." Ich musste lachen bei der Vorstellung, wie Rezo an einer Zigarette zog.
Rezo grinste:,,Taddl hat mich auch ausgelacht."
,,Kann ich mir vorstellen", grinste ich.
,,Felix hat mal ne zeitlang geraucht", erinnerte sich Rezo, ,,Julien und Rewi nie soweit ich weiß. Und Felix hat auch aufgehört seit er von 2 runter ist. Vielleicht bleibt er ja dabei."
,,Felix?", fragte ich überrascht. Ihm hätte ich es wohl am wenigsten zugetraut zu rauchen, auch wenn es irgendwo zugegebenerweise passte.
,,Ja, Felix", bestätigte Rezo.
Ich schüttelte den Kopf:,,Hätt ich ihm nicht zugetraut." Rezo zuckte mit den Schultern.
,,Was macht dein Arm?", wechselte er das Thema und nickte zu meinem linken Arm.
Ich folgte seinem Blick und zuckte mit den Schultern:,,Verheilt gut, dank der Pflaster. Tut kaum noch weh."
,,Das ist gut", Rezo lächelte, ,,Solltest das Pflaster in drei Tagen mal wechseln."
Ich nickte und grinste dann:,,Oder du wieder."
Rezo erwiderte es:,,Oder ich." Dann schwiegen wir wieder und Rezo sah den Flur herunter. Doch bisher war noch keine Psychologin zu sehen.
Ich spürte erneut Rezos Blick auf mir und sah auf. Sofort wandte er ihn ab und sah zum Boden. Es schien als würden mit der Stille auch seine Gedanken an die Familientherapie zurückkommen.
Gerade als ich erneut irgendwas sagen wollte, began Rezo wieder zu reden:,,Wie gehts dir eigentlich bei uns im Zimmer jetzt?" Besser als allein.
,,Ich mags bei euch", antwortete ich.
Rezo lächelte:,,Perfekt. Ich glaub Julien freut sich auch dich bei uns zu haben."
,,Julien ist auch ein cooler Zimmerpatner", ich erwiderte es.
,,Das stimmt", Rezo nickte und sah gedankenverloren aus dem Fenster am Ende des Flures. Wieder schwiegen wir für eine Weile und ich musterte den blauen Boden unter meinen Schuhen.
,,Würdest du sagen, es geht dir besser als vor deinem Aufenthalt?", fragte Rezo irgendwann und sah wieder zu mir. Ich überlegte einen Moment. Die Frage war kompliziert.
Zum einen wollte ich sie verneinen, weil ich das Gefühl hatte, dass es noch genau wie sonst auch war. Doch da waren die vielen Momente der letzten Zeit, in denen ich wirklich lachen und einmal jeden Scheiß vergessen konnte. Momente, die sich wirklich wie das Leben anfühlten.
,,Ich denke schon", antwortete ich langsam und von mir selbst überrascht, ,,Auch wenn ich immernoch nicht weiß wie es weitergehen soll."
,,Du schaffst das schon, Mexify", Rezo stieß sich von den Wand ab und kam zu mir, ,,Du darfst einfach nur nie aufgeben. Du musst immer weiter kämpfen, egal was noch kommt. Egal, was passiert, du bist stärker als das. Ja?" Ich sah zu ihm hoch. Aber wie?
,,Ich werds versuchen", sagte ich mit so viel Überzeugung, wie irgendwie möglich. Zu meiner Überraschung umarmte Rezo mich und drückte sich an mich. Und diese Umarmung tat irgendwie wieder gut. Seine Wärme, sein schlagendes Herz, einfach alles daran. Zwei kaputte Menschen, die versuchem die Scherben ihres Lebens zusammenzusetzen.
Ich erwiderte die Umarmung und schloss die Augen. Wieso konnte das Leben nicht immer so sein? Wieso gab es diese verdammten Gedanken?
,,Bist du so weit?", fragte eine Frauenstimme und widerwillig löste Rezo sich aus der Umarmung. Eine junge Frau mit langen braunen Locken stand im Flur und lächelte Rezo zu. Dieser biss sich auf die Lippen und nickte zögernd.
Seine Psychologin drehte sich um und lief den Flur zurück:,,Dann komm mal mit. Wir gehen heute in Raum 304." Rezo verharrte noch einen Moment und drehte sich zu mir um. Sein Blick streifte meinen. Doch wieder konnte ich ihn nicht deuten.
,,Du schaffst das", ermutigte ich ihn.
,,Du auch", er nickte mir zu, dann drehte er sich um und ging.
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Psychiatrie - Mexify
Fanfiction,,Bevor ich an meinen Gedanken sterbe, beende ich es lieber selbst" Nach einem gescheiterten Suizidversuch wird der 17.jährige Mexify in die Psychiatrie eingewiesen. Man will seine Psyche in den Griff bekommen, aber für Mexify scheint es nur noch ei...