Ich hatte schon viele enttäuschte Gesichter gesehen.
Meine Mutter, wenn eine Note schlecht gewesen war.
Meinen Vater, wenn er meine Schnitte gesehen hatte.
Eine Krankenschwester, als ich im Krankenhaus aufgewacht war.
Mein eigenes, wenn ich mich im Spiegel betrachtete.
Aber noch nie hatte ich so viel Schmerz, Enttäuschung und Fassungslosigkeit gesehen, wie in Rezos Gesicht. Er starrte auf meine offengelegten Schnitte und ich spürte wie seinen Hand, die meinen Arm immer noch umschloss zu zittern began.
Die Anderen hatten ebenfalls aufgehört und starrten ebenso erschrocken auf meinen Arm. Aber ich war nicht mehr da.
Die Welt war stehen geblieben und ich fiel nur noch. Hinein in eine tiefe Dunkelheit. Hinein in unendliche Schwärze aus der ich nicht entkommen würde. Ich wartete nur noch auf das schmerzhafte Aufschlagen, dass mich in tausend Scherbe zersplittern lassen würde.
,,Mexi, was zum-", hörte ich Felix erstickt fragen, aber ich hatte nur Augen für Rezo. Ich sah den Schmerz in seinen Augen.
Den unfassbaren Schmerz, der seinen Körper zittern ließ.
Die Enttäuschung, die unter der Haut brannte.
Die Fassunslosigkeit, dass ich es ihm verschwiegen hatte.
Und Wut. Ungeheure, ungezügelte Wut. Auf mich.
Wann kam endlich der Boden, der mich erschlug?
,,Warum hast du das gemacht?", schrie mich Rezo in dem Moment an und drückte mein Handgelenk ungewollt zusammen, sodass ich schmerzverzerrt das Gesicht verzog und meinen Blick abwandte. Ich wollte etwas sagen, aber es ging nicht.
Ich hatte verloren. Alles.
Ich hatte keine Ahnung woher ich die Kraft nahm, aber in einem Ruck riss ich mich von Rezos Griff los und stand auf. Ohne mich umzudrehen ging ich zur Tür und verließ das Zimmer.
Ich spürte sofort die Tränen, die in meine Augen traten und unharmherzig über mein Gesicht rannen. Gleichzeitig ein leises Wimmern, dass ich nicht unterdrücken konnte.
Ich öffnete die Tür zu meinem Zimmer, betrat es und brach schluchzend auf dem Boden zusammen. Schmerzhaft schlug mein Handgelenk auf dem Boden auf und ich ließ meinen Kopf einfach auch dorthin sinken. Den Schmerz nahm ich nur gedämpft war.
Meine Welt verschwamm und ich schloss meine Augen. Aber die Tränen stoppten nicht. Mein Schluchzen stoppte nicht. Der Schmerz stoppte nicht.
Nicht der Schmerz in meinem Arm, sodern der, der mein Herz zusammendrückte und mir das Atmen erschwerte. Wie ein Seil schnürrte es mein Herz zusammen und versuchte es zu erdrücken.
Du hast verloren, Mexify. Jetzt hast du endgültig verloren.
Ich öffnete meine Augen und bretrachtete durch meinen Schleier aus Tränen meinem vernarbten Arm. Mein Schluchzen stoppte, auch wenn die Tränen es nicht taten.
Ich musterte die Schnitte. Der tiefste blutete leicht und tropfte auf den Boden vor mir.
Aber es war mir egal. Eigentlich war doch alles egal...
Ich holte tief Luft, aber der Schmerz ließ mich nur bedingt atmen.
Jetzt war alles egal...
Ich wollte meine Augen schließen und nie wieder aufwachen. So sehr wie noch nie zuvor. Wieso konnte der Körper nicht durch diesen Schmerz in der Brust sterben?
Er schien mein Herz sowieso zu zerdrücken, wieso tat er es nicht einfach? Es würde alles beenden und meinen Schmerz nehmen.
Dieser Schmerz war neu. Er war dumpf und raubte mir den Atem.
Ich versuchte aufzustehen, wozu auch immer, aber ich schaffte keinen Zentimenter.
Ich sah zum Schrank, aber die Klinge war fort. Keine Erlösung, kein letzter Schnitt, kein Tod. Ich hatte mir selbst diese Möglichkeit genommen.
Wieder wollte ich aufstehen, aber wieder fehlte mir die Kraft. Mein Kopf schlug hart auf dem Boden auf, aber ich spürte keinen Schmerz.
Weil es egal ist, Mexify. Weil jetzt wirklich alles egal ist.
Ich hatte ihn verloren. Rezo verloren. Ich hatte es ihn seinen Augen gesehen. Die Enttäuschung darüber, dass ich es ihm nicht gesagt hatte hatte ihn zerrissen.
Und ich fiel. Als hätte er mich in die unendliche Schmerze gestoßen, damit ich irgendwo am Boden aufschlug und nie wieder aufstehen würde.
Ich blinzelte weitere Tränen weg und starrte wieder auf meine Schnitte. Ich habs mir kaputt gemacht.
Der Schmerz schlang sich noch enger um mein Herz und ließ mich zittern.
Wieso mache ich immer alles kaputt?
Ich hörte mich wieder schluchzen. Wieso konnte ich nicht einfach ein unkompliziertes Leben haben? Wieso konnte Rezo und ich nicht einfach normale Freunde sein? Wieso konnten wir nicht einfach beide gestorben sein?
Der Gedanke tat weh. Nicht weil es um meinen Tod ging, sondern um seinen. Ich wollte nicht, dass er tot wäre. Aber es hätte so vieles einfacher gemacht, hätte er seinen zweiten Suizidversuch nicht überlebt.
Dann hätte er mich nie kennengelernt und ich hätte mich nie selbst verletzt. Dann hätte er es nie erfahren und ich wäre diesen Schmerz los.
Schieb es nicht auf andere, du hast ihn und dich kaputt gemacht. Nur du!
Ich schluchzte wieder auf und drückte mir die Hände auf die Augen. Wieso tat es so verdammt weh? Wieso tat es so sehr weh ihn enttäuscht zu haben?
Ich kannte ihn ein paar Wochen, aber mehr nicht. Wir waren vielleicht Freunde, aber wann war es mir so wichtig geworden, dass wir es waren? Wann hatte ich entschieden, dass unsere Freundschaft es wert war, dass ich riskieren konnte sie zu zerstören? Denn das hatte ich.
Ich hatte mich entschieden die verdammte Klinge über Rezo zu stellen und jetzt hatte mich beides zerstört. Die Klinge meine Haut und Rezo mein Herz.
Unsere Freundschaft hatte mir wirklich etwas bedeutet, aber jetzt hatte ich sie kaputt gemacht. Durch einen dummen selbstsüchtigen Fehler.
Egoist! Denn mehr konnte ich nicht sein. Mehr war ich nie gewesen.
Auch die Erkenntnis schmerzte. Ich war sinnlos. Nur zum Sterben am Leben. Aber das hatte ich zu lange ignoriert. Weil ich wirklich gedacht hatte, dass ich irgendwie leben könnte.
Wie dumm.
Wie naiv.
Du machst alles kaputt. Dein Leben und die Menschen um dich herum.
Ich starrte auf die Schnitte. Auf das Blut.
Ich war das Problem. Niemand sonst.
Und es war auch meine Aufgabe dieses Problem zu beenden. Egal wie. Es war meine Aufgabe dafür zu sorgen, dass ich endlich starb, damit ich niemandem mehr wehtun konnte.
Das war ich Rezo schuldig.
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Psychiatrie - Mexify
Fanfiction,,Bevor ich an meinen Gedanken sterbe, beende ich es lieber selbst" Nach einem gescheiterten Suizidversuch wird der 17.jährige Mexify in die Psychiatrie eingewiesen. Man will seine Psyche in den Griff bekommen, aber für Mexify scheint es nur noch ei...