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Ich klopfte an die Tür zu Rezos und Juliens Zimmer. Dann wartete ich.
Julien war zu seiner Therpiestunde gegangen und hatte gesagt ich solle mal nach Rezo sehen.
Er war den letzten gestrigen Tag nicht zu sehen gewesen. Er hstte nichtmal zum Essen kommen gemusst.
Eigentlich hatte ich echt keine Lust darauf mich jetzt um Rezo zu kümmern, der nicht zum Essen gezwungen wurde und allein im Zimmer blieb. Und noch mehr nervte es mich, das sich die Tür nicht öffnete.
Als ich erneut energisch klopfte, öffnete sich die Tür ein Stück und ein Pfleger, den ich nicht kannte, schaute mich an. Verwirrt wich ich zurück.
,,Julien hat Therpaiestunde", sagte er und musterte mich.
Ich wich seinem Blick aus. Mussten sie immer so starren?
Ja ich trug immer einen Hoodie, hatte eine Kapuze auf, um mich wenigstens etwas vor der Welt zu verbergen.
,,Ich will zu Rezo", murmelte ich mit wenig Überzeugung in der Stimme.
Wieder musterte der Pfleger mich und ich starrte auf seine Schuhe.
,,Rezo kann gerade nicht", antwortete man mir.
Ich nickte schnell, stammelte irgendwas und ging dann mit schnellen Schritten zu meinem Zimmer.
Ich schloss meine Tür und starrte dann ins Leere. Die Erinnerungen an meine vorherige Nacht schob ich beiseite. Und selbst wenn ich es gewollt hätte, hätte ich nicht daran denken können.
Irgendwie interessierte mich was mit Rezo war. Und das wollte ich nicht. Ich wollte mich für mich interessieren.
Wow Mexi, seit wann so egoistisch?
Aber genau das war ich doch oder?
Wäre ich nicht egoistisch hätte ich mir wohl kaum versucht das Leben zu nehmen oder?
Ich began auf und ab zu laufen.
Zwei Schritte vor, umdrehen, zwei zurück.
Schließlich hielt ich es nicht mehr aus. Ich schaffte es nicht mich an irgendeinen Gedanken zu krallen und ihn festzuhalten. Meine Gedanken waren ganz woanders.
Also lief ich wieder auf den Flur und zum Zimmer von Rezo und Julien.
Dieses mal klopfte ich nicht an, sondern öffnete einfach die Tür.
Sofort stolperte ich wieder zurück und hätte mir gewünscht einfach in meinem Zimmer geblieben zu sein.
Rezo saß auf einem der beiden Stühle im Zimmer und starrte einfach ins Leere. Der Pfleger, der vorhin an die Tür gekommen war und eine Pflegerin versorgten gerade eine Wunde an seinem Arm.
Ein waagerechter blutiger Schnitt.
Ich spürte wie mir übel wurde und Bilder in meinem Kopf schossen.
Klinge...Blut...Schmerzen...Sterben?
Ohne die Blicke der Pfleger zu beachten, drehte ich um und stürzte zum Bad.
Ich kniete mich vor die Toilette und übergab mich. Allerdings war es nicht viel. Vermutlich dem wenigen Essen der letzten Tage geschuldet.
Ich rang nach Luft und würgte.
Scheiß Erinnerungen.
Ich kniff die Augen zu und schüttelte mich. Aber es half nichts. All die Erinnerungen an Blut, Klingen, Glasscherben und Taschenmesser schienen auf mich einzubrechen.
Ich zitterte wieder und drückte mich hoch.
Gott Mexify. Bekommst du jetzt wieder ne scheiß Panikattacke wegen Blut?
Sofort übergab ich mich wieder und spülte schnell ab.
Was war nur los mit mir?
Erst jetzt merkte ich, das ich wieder weinte.
Die Erinnerungen taten weh, ja. Sie erdrückten mich. Aber was war jetzt daran so schlimm?
Wieso waren sie vor einer Woche nicht so schlimm gewesen? Wieso nicht vor einem Monat? Vor einem Jahr?
Ja, ich hatte mich schon oft selbst verletzt. In der Hoffnung dadurch der Welt zu entkommen. Für einen kurzen Moment.
Und als du gemerkt hast, das ein kurzer Moment nicht reicht, hast dus dann ganz versucht. Wunderbare Idee, Mexi. Ganz großes Kino.
Ich ging zum Waschbecken und ließ kaltes Wasser in meine Hände laufen.
Dann klatschte ich sie mir ins Gesicht und atmete tief durch.
Wieso war jeder Tag hier gleich? Wieso weinte ich jeden scheiß Tag?
Ich rieb mir über die Augen und verließ dann das Bad.
Ohne den Kopf zu senken lief ich den Flur entlang.
Es war mir alles zu viel. Einfach alles.
Ich war nicht tot, ich weinte jeden Tag,  Rezo hatte sich irgendwie selbst verletzt... du kennst ihn nichtmal. Wieso machst du dir Sorgen?!
Ich kannte keine Antwort.
Ich wusste nur das ich hier einfach raus musste. Jetzt.

,,Kann ich zum Pavillon?", fragte ich und betrat den Pflegerraum.
Ich zwang mir sogar ein lächeln auf, das kläglich misslang.
,,Hast du geweint?", fragte eine Pflegerin stattdessen besorgt.
Sofort verschwand mein Lächeln.
Cool, war das also das einzige was gerade an mir auffiel, mein verheultes dummes Gesicht.
,,Ich brauch grad einfach frische Luft", gestand ich ehrlich und sofort schossen mir erneut Tränen in die Augen.
Bleib stark.
Sie überlegte kurz, bevor sie zögerlich nickte.
Ich wandte mich ab und ging zum Ausgang, während die Erinnerungen zurückkehrten.
Ich sah mich selbst von der Schule nach Hause kommen. Sah meine Tränen. Sah, wie ich meiner Mutter mit zitternden Händen meine Mathearbeit in die Hand drückte. Ich hörte ihre Schreie.
Wie kannst du es immer schaffen eine 5 oder 6 zu haben?! Lernst du überhaupt?
Ich sah mich nicken, ihr meine Lernzettel zeigen. Hörte ihre Worte. Kalt und schrill vor Wut.
Dann sah ich mich auf meinem Bett sitzen, eine frische Klinge aus einer Schutzfolie holen, den Ärmel hochkrempeln...
Nicht schon wieder diese Bilder!
Ich verließ das Gebäude, ging so schnell ich konnte zum Pavillon, ließ mich auf eine Bank nieder und vergrub das Gesicht in den Armen.

Psychiatrie - MexifyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt