,,Wir sehen uns dann später", winkte Rewi uns und folgte Mark durch die Glastür den Flur weiter entlang. Er versuchte zwar seinen Unmut zu verbergen, doch seine Stimme verriet, wie wenig Lust er hatte jetzt zur Therapiestunde zu müssen.
,,Tschau", rief Felix ihm nach und drückte dann die Tür zum Innenhof auf. Kühle Luft schlug mir entgegen und ich fröstelte. Trotz des bläulichen Himmels und der wenigen weißen Wolken verriet die Kälte, dass es Winter geworden war.
,,Ganz schön kühl geworden", bemerkte auch Julien und zog den Reißverschluss seiner Jacke zum Kinn. Ich ließ meine Hände in der Tasche meines Hoodies verschwinden, dann folgte ich den anderen nach draußen.
,,Es muss Frost gegeben haben", bemerkte Rezo mit einem Nicken auf die nassen Blätter am Boden.
,,Stimmt", pflichtete Julien ihm bei und ging dann in Richtung des Pavillion.
Zu meiner Verwunderung entdeckte ich Taddl, der auf einer der Bänke saß und an einer Zigarette zog. Als er uns bemerkte stahl sich ein Lächeln auf sein Gesicht.
,,Taddl ist da", freute sich auch Felix und beschleunigte seinen Schritt. Etwas zögernd folgte ich den Anderen. Ich hatte zwar nicht das Gefühl, dass Taddl mir die Sache mit Rezo übel nehmen würde, dennoch hatte ich ein schlechtes Gewissen.
Taddl verdiente ebenfalls eine Enschuldigung.
,,Hey ihr", begrüßte er uns mit seiner tiefen Stimme und zog erneut an seiner Zigarette, ,,Wo habt ihr Rewi denn gelassen?"
,,Therapie", beantwortete Felix seine Frage und ließ sich neben ihm auf der Bank nieder.
,,Wie mies", Taddl verzog das Gesicht. Ich ließ mich neben Rezo auf der Bank nieder und musterte Taddl. Doch er machte keine Anzeichen irgendwas in Richtung des gestrigen Gesprächen zwischen Rezo und ihm anzumerken. Stattdessen griff er in die Tasche seiner Jacke und zog eine weitere Zigarette hervor. Fragend hielt er sie mir entgegen. Für einen Moment zögerte ich, doch dann griff ich dankbar danach und schenkte Taddl ein kurzes Lächeln.
,,Hier", er erwiderte es und warf mir sein Feuerzeug zu.
,,Danke", ich zündete mir die Zigarette an und warf es zurück. Taddl fing es geschickt und ließ es in seiner Jackentasche verschwinden.
,,Wie gehts?", fragte Rezo.
,,Ganz okay", antwortete Taddl und lehnte sich zurück, ,,Auf 4 ists echt ruhig momentan."
,,Bei uns auch", bestätigte Julien und began gelangweilt etwas Holz vor der Bank zu kratzen. Ich nahm einen Zug der Zigarette und ignorierte den bitteren Geschmack, der sich sofort auf meine Zunge legte.
Der erste Zug war immer der schlimmste. Er entschied ob man den nächsten machte oder die Zigarette angewiedert ausdrückte. Also zog ich erneut und blies den Rauch in die kalte Luft. Trotzdem widerlich.
,,Und sonst so?", fragte Taddl interessiert.
,,Wir haben später Kunstangebot", berichtete Felix gut gelaunt, ,,Und Rezo hat morgen Familientherapie."
,,Ja", bestätigte Rezo und seufzte.
,,Tut mir Leid Brudi", Taddl warf ihm einen mitleidigen Blick zu, ,,Wer kommt?"
,,Meine Eltern halt", antwortete Rezo und zuckte mit den Schultern, ,,Wird nen super Gespräch."
,,Kommste danach vorbei und berichtest?", fragte Taddl und warf Rezo einen durchdringenden Blick zu.
,,Vielleicht", Rezo seufzte.
,,Nimms nicht so schwer mit deiner Family", versuchte Taddl ihn aufzumuntern, ,,Die Gespräche sind immer scheiße."
,,Ich weiß", Rezo nickte und seufzte wieder. Ich zog erneut an der Zigarette und schloss für einen Moment die Augen.
Die Erinnerungen an mein Familiengespräch schossen mir durch den Kopf. Aber sofort schüttelte ich sie wieder ab. Der Tag war schlimm gewesen, aber daran konnte ich nichts mehr ändern. Dafür verstand ich Rezos Anspannung vor dem morgigen Tag. Auch wenn seine Familie vielleicht nicht so schlimm war wie meine, konnte das Gespräch auch für ihn nicht angenehm sein.
,,Worüber redet ihr?", fragte Taddl weiter.
,,Fortschritte und so", winkte Rezo ab und machte damit deutlich, dass er wenig Lust hatte weiter über das Thema zu reden. Also schwieg Taddl und drückte seine Zigarette am Holz der Bank aus.
,,Rewi hat heute Abend eine Überraschung für uns", wechselte Felix das Thema.
,,Eine Überraschung?", fragte Taddl verwirrt nach.
,,Ja, weil Felix und Mexify heute ein halbes Brötchen gegessen haben", Julien lächelte.
,,Cool", freute sich Taddl und warf seine Zigarette in den Mülleimer, ,,Wisst ihr worums grob geht?"
,,Keine Ahnung", ich zuckte mit den Schultern.
Die Überraschung... Ohne Felix Bemerkung hätte ich sie schon fast wieder vergessen. Dabei war es mir schwer gefallen mir das Brötchen mit Felix zu teilen. Und ihm ebenfalls. Man hatte ihm angesehen wie sehr er sich zu jedem Bissen hatte zwingen müssen. Dafür hatte Rewi sich danach so gefreut, dass er ihn umarmt hatte. Wieder zog ich an der Zigarette.
,,Dann müsst ihr unbedingt die Tage mal berichten", Taddl stand auf und streckte sich, ,,Muss leider wieder rein. Hab gleich selbst Therapie."
,,Oh viel Glück", wünschte Julien und warf ihm ein breites Grinsen zu.
,,Ja, viel Spaß", lächelte auch Felix.
,,Danke ihr beiden", Taddl erwiderte es. Rezo stand ebenfalls auf und ging zu Taddl.
Etwas verwirrt beobachtete ich, wie er ihn kurz umarmte:,,Viel Erfolg. Und danke fürs Gespräch gestern."
Taddl erwiderte die Umarmung leicht verwirrt:,,Klar, dir auch danke." Für einen Moment hatte ich den Drang aufzustehen und Taddl ebenfalls zu umarmen. Doch dann ließ ich es und zog stattdessen wieder an der Zigarette. Es war nicht der richtige Zeitpunkt für eine Entschuldigung.
Taddl löste sich von Rezo:,,Das du mich umarmst ist auch neu."
,,Tja, wir ändern uns alle mal", lachte Rezo.
,,Bin gespannt wo dich die Veränderung hinbringt", verabschiedete sich Taddl und ging zur Tür von Station 4, ,,Dann tschau Leute."
,,Tschau", winkte Julien und ließ sich dann wieder gegen das Holz der Bank zurückfallen. Ich warf Taddl noch einen kurzen Blick zu, dann wandte ich ihn ab.
Du schuldest ihm wirklich noch eine ehrliche Entschuldigung. Aber nicht jetzt.
Ich musterte Rezo, der Taddl nachdenklich hinterhersah, als dieser hintet der Tür von Station 4 verschwand.
Taddl war die erste Person gewesen mit der ich über meine Gedanken geredet hatte. Und er war der erste gewesen der wirklich offen zu mir gewesen war. Als Dank hatte ich ihn angelogen und ausgenutzt. Das Taddl darüber hinwegsah bestätigte nur, dass er ein wirklich guter Freund sein musste.
Und ein wenig beneidete ich Rezo sogar darum sich so gut mit Taddl zu verstehen, auch wenn dieser wusste, dass er Klingen von Luca bekommen hatte. Doch wie sollte ich mich bei ihm entschuldigen, wenn es mir selbst bei Rezo so schwer fiel?----
Übrigens tausend Dank. Wir haben die 100 k Aufrufe geschafft. Kann einfach nur Danke sagen <3
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Psychiatrie - Mexify
Fanfiction,,Bevor ich an meinen Gedanken sterbe, beende ich es lieber selbst" Nach einem gescheiterten Suizidversuch wird der 17.jährige Mexify in die Psychiatrie eingewiesen. Man will seine Psyche in den Griff bekommen, aber für Mexify scheint es nur noch ei...