Ich verharrte regungslos im Türrahmen und musterte das Zimmer vor mir. Mein Zimmer. Das Zimmer in dem ich versucht hatte ea zu beenden.
Da war das Bett auf dem ich meine Tabletten ausgebreitet hatte.
Da war das Regal wo ich meinen Zimmerschlüssel hervorgekramt und die Tür abgeschlossen hatte.
Der Schreibtisch, an dem ich meine vermeindlich letzten Worte zu Papier gebracht hatte.
Die Wasserkiste aus der ich mir eine Flasche gegriffen hatte um so viele wie möglich zu schlucken.
Das Fenster durch das ich hinausgesehen hatte, während ich auf die Wirkung gewartet hatte.
Die Poster an den Wänden, die ich während meiner letzten Gedanken überflogen hatte.
Der Stuhl an dem ich mich abgestützt hatte, nachdem langsam die Wirkung der Tabletten eingesetzt hatte.
Der Teppich auf den ich gefallen war...
Ich schloss die Augen und versuchte die Erinnerungen abzuschütteln. Aber sie hatten wie ein Baum in meinem Kopf Wurzeln geschlagen. Sich tief hineingegraben, dass keine Medikamente sie je herausreißen konnte. Mit einem Stamm so dick, dass deine Therpie sie je fällen konnte. Egal wie viel ich in meinem Leben erlebt hatte, keine Erinnerung war so klar wie diese. Jeder Moment war so nah, dass es hätte gestern sein können, dass ich in der Zimmermitte zusammengebrochen war. Mit dem Gedanken nie wieder aufzustehen...
Ich ließ den Koffer neben dee Tür stehen und ging zu meinem Bett. Vorsichtig strich ich über meine Bettdecke, dann ließ ich mich darauf fallen und starrte an die Decke über mir. Wieso lebte ich noch?
Es hatte genau hier enden sollen und war gescheitert. Ich hatte alles geplant gehabt, alles durchdacht. Nur um in einer verficken Krankenhaus aufzuwachen und in einer scheiß Psychiatrie zu enden. Ich hatte nur überlebt um zu erfahren wie schmerzhaft es war gescheitert zu sein. Ich war aufgewacht, damit das Leben mir noch einmal zeigen konnte wie grausam es war. Es hatte mir Rezo wie einen Rettungsring zugeworfen, nur damit er mich mit in die Tiefe zog.
Ich setzte mich auf und öffnete das Fenster hinter meinem Bett. Dann griff ich in die Tasche meines Hoodies und zog Lucas Zigarettenpackung hervor. Meine Eltern würden mich dafür hassen, dass ich erneut hier drinnen rauchte, aber dafür hatte Luca mir die Schachtel schließlich geschenkt oder? Und am Ende hassten sie mich sowieso.
Ich rückte zum Rand des Bettes und öffnete die Nachttischschublade. Doch das Feuerzeug fehlte. Scheiße. Ich schlug die Schublade zu und ließ mich seufzend auf den Rücken fallen. Fuck. Natürlich hatten sie es weggenommen. Wieso hatte ich es nicht besser versteckt? Wozu?
Du wolltest sowieso nicht mehr aufwachen beim letzten mal.
Ich setzte mich wieder auf und öffnete dennoch die Schachtel. Zu meiner Verwunderung waren jedoch nicht nur Zigaretten darin. Überrascht zog ich ein kleines schwarzes Feuerzeug hervor und drehte es fasziniert in meiner Hand. Hatte Luca wirklich so weit gedacht oder es nur vergessen gehabt?
Nachdenklich griff ich eine der Zigaretten und entzündete sie. Sofort zog ich daran und blies dann den Rauch zum Fenster.
Ich atmete tief durch. Der Geschmack den sie hinterließ war immernoch schrecklich. Aber es passte einfach zu meinem kaputten Leben. Ich sah durch den Raum, dann stand ich mit der Zigarette in der Hand auf und ging zu meinem Kleiderschrank.
Ich kniete mich nieder und öffnete die unterste Schublade. Mehrere Socken lagen ordentlich zusammengelegt darin. Unsicher griff ich nach einem Paar ganz hinter und musterte es.
Dann schloss ich die Schublade und ließ mich wieder auf meinem Bett nieder. Erneut zog ich an der Zigarette.
,,Wollen wir doch mal sehen...", murmlete ich wenig zuversichtlich und entfaltete die Socken. Vorsichtig griff ich in eine von ihnen und ertataste sofort was ich suchte. Sofort machte mein Herz einen Satz und ich zog den Gegenstand hervor. Zwei Klingen in Schutzfolie fiel vor mir auf die Bettdecke.
Klingen. Ich kam mir vor wie ein Suchtkranker, dem man seinen besten Stoff anbot. Aber genau so war ich schließlich.
Ich legte die Zigarette auf der Fensterbank ab und griff eine der Klingen. Natürlich hatten meine Eltern sie nicht gefunden. Das Versteck war gut. Und sie hatten nicht gründlich genug gesucht.
Ich öffnete die Schutzfolie und betrachetete das silberne Metall. Eine Klinge. Unbewusst musste ich lächeln. Fuck ja.
Ich streifte mir den Hoodie über den Kopf und warf einen prüfenden Blick zur Tür. Aber da war niemand. Mein Vater war arbeiten und meine Mutter hatte irgendwas kochen wollen.
Ich betrachtete meine vernarbten Arme und strich behutsam über die Haut. Sie war so zerschnitten, dass fast keine Stelle mehr unverletzt geblieben war. Ein Kunstwerk auf einer viel zu kleinen Leinwand. Prüfend zog ich die Ärmel meines Tshirts nach oben, doch auch meine Oberarme waren vernarbt. Der Künstler war zu begabt.
Ich ließ den Stoff sinken und nahm die Klinge in die linke Hand. Mein rechter Arm war nicht viel unbeschadeter, aber für mein Vorhaben eignete er sich besser.
Behutsam sezte ich die Klinge an einer Stelle an und übte leicht Druck aus. Langsam schnitt sie in meinen Arm und ich zog ohne nachzudenken durch. Schmerz schoss impulsartig durch meinen Arm und brannte auf meiner Haut.
Ich biss mir auf die Lippen und griff nach der Zigarette. Zitternd zog ich daran, dann legte ich sie auf die Fensterbank zurück und setzte die Klinge erneut an.
Wieder zog ich durch und zischte auf, als der brennende Schmerz durch meinen Arm schoss. Doch er verging so schnell, wie er gekommen war und wich dem anhaltenden stechenden Schmerz, den ich nur allzu gut kannte.
Ich musterte die beiden Schnitte. Der erste war von einer dünnen Schicht Blut bedeckt, dass langsam immer mehr wurde, bis ein Tropfen über meinen Arm lief und auf die Bettdecke tropfte.
Ich schloss die Augen und atmete tief durch. So scheiße das Gefühl auch war, so sehr hatte ich den Schmerz vermisst. Er war ein Teil von mir, den man mir nicht abnehmen konnte.
Jeder hatte es versucht. Sogar Rezo hatte es versucht und war gescheitert. Keiner konnte verhindern was ich mir antat. Nur ich konnte es, aber ich wollte nicht. Fuck bin ich kaputt...
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Psychiatrie - Mexify
Fanfiction,,Bevor ich an meinen Gedanken sterbe, beende ich es lieber selbst" Nach einem gescheiterten Suizidversuch wird der 17.jährige Mexify in die Psychiatrie eingewiesen. Man will seine Psyche in den Griff bekommen, aber für Mexify scheint es nur noch ei...