Ich lag auf der Matratze und starrte auf das schwarze Handy in meiner Hand. Den lange Riss, der sich über den gesamten Bildschirm zog, hatte ich schon fast vergessen gehabt.
Ich drehte es ein Stück und musterte meine Spiegelung auf dem matten Schwarz. Dann seufzte ich und ließ es auf meine Brust sinken. Nachdenklich sah ich zu Rezo, der im Schneidersitz auf seinem Bett saß und seines gerade einschaltete.
,,Wieso machst du es nicht an?", fragte er und sah fragend in meine Richtung, ,,Keinen Akku?"
Ich schüttelte den Kopf:,,Ich weiß nicht ob ich wissen will, wie egal ich der Welt bin."
,,Soll ich schauen?", fragte Rezo und streckte mir seine Hand entgegen. Verwirrt drehte ich meinen Kopf zu ihm. Was willst du mit meinem Handy?
Aber ich stand wortlos auf und gab ihm mein Handy. Doch bevor ich mich umdrehen konnte, drückte er mir seines in die Hand.
Was soll ich damit? Ich runzelte die Stirn, aber Rezo lächelte nur und legte sich auf sein Bett.
,,Komm her", er klopfte neben sich und schaltete mein Handy ein. Mit seinem Handy in der Hand legte ich mich neben Rezo und stützte meinen Kopf an der Wand hinter dem Kissen ab.
Dann musterte ich Rezos Handy. Es war weiß und sah viel gepflegter aus als meines. Kein Riss und ein viel neueres Model. In dem Moment öffnete sich Rezos Sperrbildschirm mit Zahlencode.
,,Code?", fragte ich und hielt Rezo das Handy entgegen, damit er es entsperren konnte.
,,423431", antwortete Rezo, ohne von meinem aufzusehen. Irritiert darüber gab ich den Code ein, woraufhin ein weiterer Zahlencode erforderlich war.
,,Und der zweite?", fragte ich.
,,784943", antwortete er und ich gab auch diese ein. Wie kann man sich so gut zahlen merken? Aber vermutlich hatte er sein Handy auch schon öfter genutzt als ich.
Jetzt öffnete sich der Startbildschirm. Das Hintergurndbild zeigte Rezo mit mehreren Freunden vor einem Pool mit einer Bierflasche in der Hand. Er lachte und auch die anderen Personen schienen glücklich zu sein.
Eine gewisse Traurigkeit ergriff mich. Zum einen weil ich soetwas nie gehabt hatte und zum anderen weil Rezo mir Leid tat.
,,Dein Code?", fragte Rezo und drehte seinen Kopf zu mir.
,,1234", murmelte ich wenig begeistert, ,,Ich kann mir Zahlen nicht so gut merken wie du."
,,Übungssache", lachte Rezo und gab die Zahlen ein. Ich legte sein Handy auf meinen Bauch und musterte wie Rezo meinen Startbildschirm öffnete. Keine Party, keine Freunde, keine lachenden Menschen.
,,Die Brücke am Rhein bei Nacht?", fragend musterte Rezo den Bildschirm.
,,Ja", ich zuckte mit den Schultern. Wie oft ich darauf gestanden und auf das schwarze Wasser geblickt hatte, konnte Rezo nicht wissen. Auch nicht wie oft ich am liebsten einfach gesprungen wäre.
Im selben Moment began das Handy von Rezo zu vibirieren und ich nahm es sofort in die Hand. Das WhatsApp Symbol zeigte immer mehr Nachrichten und auch Instagram und Snapchat zeigte Benachrichtigungen an.
,,Das kann dauern", Rezo winkte ab, ,,Da kommen jetzt die ganzen Nachrichten der letzten Wochen rein."
,,So viele?", ich war ehrlich überrascht. Nicht das ich es ihm nicht zugetraut hätte, aber WhatsApp zeigte jetzt schon 135 Nachrichten. Also ließ ich das Handy wieder sinken und sah etwas enttäuscht auf mein Handy, das gleich auch Nachrichten laden müsste. Nur das keine kommen werden.
,,Woher ist der Riss?", fragte Rezo und drehte das Handy in meine Richtung. ,,Ist mir runtergefallen", antwortete ich und biss mir auf die Lippe. Gelogen.
Aber die Wahrheit, dass ein paar Mitschüler es mir aus der Hand gerissen und die Treppe lachend hinuntergeworfen hatten, wollte ich ihm ersparen. Seine Freunde hätten sowas halt nie gemacht. Und doch war er her, wie ich.
Zu meiner Überraschung vibrierte mein Handy in dem Moment ebenfalls und zeigte vier Sms. Aber sofort war mein Handy wieder still.
,,Hast du kein WhatsApp?", fragte Rezo und scrollte verwirrt durch die Apps.
,,Nein", murmelte ich, ,,Mir schreibt keiner."
,,Oh, sorry", Rezo warf mir einen entschuldigenden Blick zu.
,,Kein Ding, nicht deine Schuld", ich seufzte und griff nach Rezos Handy. Mitlerweile war es ebenfalls ruhig. 744 WhatsApp Nachrichten, 78 Snapchat Benachritigungen und 45 Instagramnachrichten wurden allein auf der ersten Seite aufgezählt.
,,Hier", ich legte sein Handy auf seine Brust, ,,Du hast Nachrichten." Ich versuchte die Enttäuschung über den Vergleich zwischen uns nicht zu zeigen, auch wenn es mir schwer fiel.
,,Kannst du dir anschauen", Rezo griff nach seinem Handy und legte es auf meine Brust, ,,Wenn was wichtiges ist, kannst du es ja vorlesen."
,,Okay", verwirrt nahm ich es von meiner Brust und öffnete WhatsApp. Es waren fast dreizig Chats mit Nachrichten gefüllt. Stirnrunzelt klickte ich auf die erste Gruppe, seine Klassengruppe. Sie hatte 356 Nachrichten. In meiner bin ich nichtmal drin. Die meisten Nachrichten waren allerdings nur Hausaufgaben und Nachfragen zum Unterricht.
,,Kann ich deine Sms anschauen?", fragte Rezo, der wahllos durch mein Handy scrollte.
,,Wozu?", fragte ich, während ich die Klassengruppe schloss.
,,Du scrollst auch durch meins?", Rezo lachte leise.
,,Deine sind ja auch interessanter", vermutete ich und öffnete die nächste Gruppe mit dem Namen "Best-Boys".
,,Von mir aus, sei aber nicht enttäuscht", seufzte ich, während ich durch die Gruppe scrollte. Die Nachrichten darin waren immerhin interessanter. Dreimal wurde Rezo darin gefragt, wann er mal wieder zu einer Feier kam. Ansonsten waren es meist nur Besprechungen zu irgendwelchen Treffen mit Alkohol. Unten angekommen schloss ich auch diese Gruppe und musterte den nächsten Chat.
Es war eine gewisse "Julia". Sie hatte Rezo mehrere Nachrichten hinterlassen, in denen sie ebenfalls fragte, wann sie sich mal wieder sahen.
,,Wer ist Julia?", fragte ich, ,,Sie fragt ziemlich oft, wann ihr euch mal wieder trefft."
,,Ist ne Freundin", winkte Rezo ab, ,,Nichts ernstes, aber manchmal glaube ich, sie ist verliebt in mich gewesen oder so."
,,Du nicht?", fragte ich nach und öffnete ihr Profilbild, ,,Die ist doch wirklich hübsch." Sie hatte blonde Haare und ein wirklich hübsches Gesicht.
,,Ach keine Ahnung", murmelte Rezo, ,,Sie ist nett, aber mehr ist da nicht." Ich ging zurück auf den Chat und stutzte. Irritiert las ich mir eine Nachricht immer wieder durch und sah dann fragend zu Rezo:,,Wieso denkt sie, dass du ein Auslandsjahr in Spanien Valencia machst?"
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Psychiatrie - Mexify
Fanfiction,,Bevor ich an meinen Gedanken sterbe, beende ich es lieber selbst" Nach einem gescheiterten Suizidversuch wird der 17.jährige Mexify in die Psychiatrie eingewiesen. Man will seine Psyche in den Griff bekommen, aber für Mexify scheint es nur noch ei...