,,Was?", fragte Felix und griff sich intuitiv an die Lippe. Erst jetzt bemerkte ich das dünne Blutrinsal, dass unter dem Pflaster hervorfloss.
,,Oh scheiße", Rewi nahm Felix Kinn und drehte seinen Kopf zu ihm. Besorgt musterte er die aufgeplatzte Wunde.
,,Passiert", Felix zuckte mit den Schultern. Ihn schien das nicht zu stören. Stattdessen stemmte er sich hoch und wischte sich mit dem Handrücken über die Lippe.
,,Gehts?", fragte Rewi und erhob sich ebenfalls.
,,Ich hab schon schlimmeres hinter mir", lachte Felix leise und drückte Rewis Hand weg, die wieder nach seinem Kinn griff, ,,Ich werds überleben."
Rewi wurde rot und nickte schnell:,,Klar." Aber man sah ihm genau das Gegenteil seiner Worte an. Aus dem Lächeln war ein sorgenvolles Gesicht geworden.
Man musste ihn nicht gut kennen um die Schuldgefühle in seinen Augen lesen zu können. Wie ein offenes Buch lud er einen ein seine Gefühle zu lesen.
,,Ich geh den Pflegern Bescheid sagen. Dann wechseln die das Pflaster", entschied Felix und wandte sich zum Gehen.
,,Warte, ich komme mit", Julien stand vom Stuhl auf und folgte ihm, ,,Ich muss noch meine Medikamente nehmen."
,,Okay, bis gleich", Felix drehte sich noch kurz um, dann verließ er mit Julien den Gesellschaftsraum.
,,Alles okay?", fragte Rezo Rewi vorsichtig, während dieser sich auf die Bank am Tisch setzte. Aber Rewi antwortete ihm nicht. Stattdessen starrten seine Augen ins Leere.
Ich kannte den Blick zu gut. Nicht, dass ich ihn bei mir selbst einmal gesehen hatte, aber genauso war ich mir immer vorgekommen, wenn meine Gedanken mich aus dieser Welt in eine andere gezerrt hatten. In eine Welt aus Selbsthass, Einsamkeit und Traurigkeit. Und genau dort musste Rewi gerade sein.
Rezo setzte sich neben Rewi und musterte ihn besorgt.
,,Ich pack dann mal zusammen", sagte ich und wandte den Blick von Rewi ab. Es fiel mir schwer ihn so zu sehen. Zum einen erinnerte er mich zu sehr an mich selbst und zum anderen musste ich wieder an den Abend vor ein paar Tagen denken als Rewi sich Abends im Speiseraum vor mich gesetzt und geweint hatte. Daran, was ich danach getan hatte.
Ich began damit die Plane zusammenzufalten und stand schließlich auf. Etwas ungeschickt legte ich sie in den Karton zurück und legte anschließend die Drehscheibe darauf. Dabei vermied ich es so gut es ging Rewi anzusehen.
Rezo hatte ihm die Hand auf die Schulter gelegt, aber mehr tat er nicht. Keine aufbauenden Worte, kein Trost, keine Umarmung. Denn es gab nichts, was man gerade für ihn tun konnte. Er ist nicht hier.
Sein Kopf war fort, gefangen in jener Welt, die jeder hier drinnen vermutlich besser kannte als die wirkliche Welt.
Ich ließ mich auf einem der Stühle nieder und wagte schließlich doch einen Blick zu Rewi. Rezo warf mir ein kurzes Lächeln zu, aber uns beiden war klar, wie falsch es war.
,,Ich wollte das nicht...", murmelte Rewi leise, ,,Ehrlich..." Er drehte den Kopf zu Rezo und sah ihn beinahe schon flehend an.
,,Ich weiß. Und Felix weiß das auch", Rezos Stimme klang so beruhigend und gelassen, dass ich sogar für einen kurzen Moment glaubte, dass seine Worte zu Rewi durchdringen würden.
Aber Rewi redete einfach weiter:,,Ich wollte ihm doch nicht weh tun..."
,,Ich weiß", wiederholte Rezo und lächelte milde. Dann sah er wieder zu mir.
Diese blauen Augen. Wieso hatte ich nicht so schöne blaue Augen? Vielleicht fehlten mir einfach die passenden blauen Haare? Ich erwiderte sein erneutes kurzes Lächeln.
Er hatte wirklich besondere Augen. Das Blau darin schien sich in unendliche Facetten zu trennen. Wie das Meer an einem sonnigen Sommertag.
Vielleicht faszinierten mich seine Augen so sehr, weil sie meist vom Blau seiner Haare unscheinbarer wirkten als sie waren. Vielleicht aber auch, weil ich versuchte zu ergründen, weswegen Rezo sterben wollte.
Seit ich beschlossen hatte mit ihm befreundet sein zu wollen versuchte ich ihn zu verstehen. Ich war hässlich, mattes Haar, glanzlose Augen. Er hingegen hatte auffallend blaue Haare und ozeanblaue Augen. Wie konnte man sich bei so einem Aussehen hassen?
Es lag mir fast auf der Zunge ihn zu fragen. Zu fragen weswegen er wirklich sterben wollte. Rezo hatte gesagt, dass er ein gutes Leben gehabt hatte bevor ihn die Depressionen einholten. Aber wieso genau er sterben wollte war mir ein Rätsel. Frag ihn.
Aber mit einem Seitenblick auf Rewi schob ich den Gedanken beiseite. Nicht jetzt.
,,Wir sollten in euer Zimmer", schlug ich vor und nickte zur Tür. Rezo folgte meinem Blick und verstand. Hier war es warscheinlicher das Pfleger oder andere Patienten Rewi so sahen.
,,Komm mit", Rezo zog Rewi vorsichtig am Arm hoch, ,,Wir gehen zu dir ins Zimmer." Aber Rewi schüttelte nur den Kopf und machte keine Anstalten aufzustehen.
,,Felix ist auch da", log ich und stand ebenfalls auf.
,,Ich hab Felix wehgetan...", flüsterte Rewi und sah hilflos zu mir. Ich wandte den Blick ab.
,,Das passiert", Rezo gab nicht nach und schaffte es sogar das sich Rewi widerwillig erhob. Dann zog er ihn bestimmt in Richtung Tür. Ich folgte den beiden mit einigem Abstand.
Der plötzliche Stimmungswechsel tat mir nicht gut, dass spürte ich. Noch vor ein paar Minuten hatte ich gelacht, aber innerhalb von Sekunden waren die negativen Gedanken zurückgekehrt. Aber gerade gab es nur zwei Möglichkeiten: Die Situation aussitzen oder mir wieder etwas anzutun.
Gerade als ich die zweite Option erwog blieb Rezo mit Rewi vor dessen Zimmer stehen und ließ Rewi den Vortritt. Dieser öffnete langsam die Tür und betrat zögernd den Raum.
,,Sollten wir nicht einen Pfleger holen?", fragte ich besorgt, während ich ihn beobachtete.
,,Nein, der wird wieder", entschied dieses mal Rezo und lächelte, ,,Danke fürs helfen."
,,Ich hab nichts gemacht", stellte ich verwirrt fest.
,,Du warst dabei und hast Rewi zugeredet. Manchmal ist es das einzige was man tun kann", Rezo schüttelte den Kopf, ,,Also danke."
Und dann umarmte er mich kurz. Immernoch verwirrt erwiderte ich die Umarmung notdürftig. Wirklich verstehen tat ich sie nicht, aber irgendwie tat sie doch gut. Auch wenn sie meine Gedanken nicht zerdrückte, spürte ich eine kurze Welle der Erleichterung.
Erleichterung, weil die Umarmung mir zeigte, dass ich gerade nicht allein war mit der Situation, wie vor einigen Tagen Abends allein mit Rewi. Ein merkwürdiges Gefühl der Erleichterung. Aber es half wenigstens mich gegen die zweite Möglichkeit und damit auch gegen weitere Gewissensbisse zu entscheiden. Wenigstens vorerst.
Danke, Rezo...---
Ich habe heute irgendwie eine Schreibblockade und bin nicht zu 100 Prozent zufrieden damit. Hoffe es ist nicht allzu grausig xD
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Psychiatrie - Mexify
Fanfiction,,Bevor ich an meinen Gedanken sterbe, beende ich es lieber selbst" Nach einem gescheiterten Suizidversuch wird der 17.jährige Mexify in die Psychiatrie eingewiesen. Man will seine Psyche in den Griff bekommen, aber für Mexify scheint es nur noch ei...