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Ich wartete mehr oder weniger unschlüssig vor der Glastür zu unserer Station. Immer wieder gingen einige Patienten zum Pflegerzimmer vor mir, nahmen Medikamente oder wollten ein Gespräch mit einem Pfleger.
Felix, Rezo und Julien wollten um kurz nach eins zu Simon um ihn zu verabschieden.
Eigentlich wäre ich gerne im Bett liegen geblieben, aber Rezo hatte drauf bestanden, dass ich mitkam.
Ich warf einen Blick auf die Uhr vor dem Pflegerzimmer. Zehn nach eins. Felix war noch bei einer zweiten Besprechung wegen Rewi und die beiden anderen hatten Schach gespielt.
Bis vor ein paar Minuten hatte ich ihnen einfach zugesehen, jetzt wartete ich hier auf alle. Die Person, dies am wenigsten interessiert ist am pünklichsten...
Ich seufzte und lehnte mich an die Wand. Der Tag war nicht meiner. Erst hieß es, dass Rewi jetzt doch kommen würde. Dann sollte ich noch mit Simon verabschieden. Und vorhin hatte ich die Medikamente nicht verstecken können, weil die Pflegerin mich nicht aus den Augen gelassen hatte. Der bittere Geschmack lag mir immernoch auf der Zunge.
In dem Moment riss mich ein lauten Lachen aus meinen Gedanken und ich blickte den Flur entlang. Rezo und Julien liefen Arm in Arm auf mich zu und beide grinsten.
,,Rezo hat geschummelt", Julien boxte dem Größeren in die Seite.
,,Er hats nicht gemerkt", Rezo lachte wieder los.
Ich versuchte ein Lächeln, was natürlich mal wieder misslang. Dazu war der Tag einfach zu schlecht gelaufen bisher.
,,Was hast du gemacht?", fragte ich Rezo und versuchte wenigstens ehrlich interessiert zu klingen.
,,Ich hab meine Dame wieder zurück aufs Feld gestellt", antwortete er breit grinsend und wuschelte Julien durch die Haare, ,,Und das hat er erst gemerkt, als das Spiel schon vorbei war."
Julien verdrehte die Augen und löste sich von Rezo. ,,Wo ist Felix?" Ich zuckte mit den Schultern:,,Hatte noch nen Gespräch wegen Rewi."
In dem Moment tauchte Felix hinter Julien auf und streckte den Daumen nach oben:,,Alles geklärt, Rewi kann kommen." Er grinste ebenso wie die beiden anderen und es versetzte mir einen Stich.
Ich wollte auch so glücklich sein wie sie.
Wenigstens für diesen kurzen Moment.
Wenigstens wenn sie es auch waren.
Aber es ging gerade einfach nicht.
,,Gehen wir?", fragte Julien und klopfte ans Zimmer den Pflegerzimmers. Felix nickte und strich seinen Pullover glatt. Die Tür wurde geöffnet und eine Pflegerin sah Julien fragend an.
,,Wir wollen Simon verabschieden", meinte er und zeigte auf uns. Sie nickte und drehte sich um:,,Einen Moment."
Es dauerte kurz, bevor sie Julien einen Zettel in die Hand drückte und die Glastür öffnete. ,,Damit kommt ihr auf Station 4. Aber-", sie sah ihn ernst an, ,,-ihr kommt danach sofort wieder. Das fällt unter eine Ausnahme. Verstanden?"
Julien nickte:,,Klar, verstanden."
Die Pflegerin schloss die Tür und wir folgten Julien ins Treppenhaus. Schweigend gingen wir die Treppen runter und bogen nach rechts.
Der Flur führte parallel zum Innenhof entlang und endete an einer weiteren Glastür. Dort hielt Julien an und drückte einen silbernen Schalter an der Wand.
,,Ich hoffe die glauben uns, dass die Genehmigung nicht gefälscht ist", murmelte Julien.
,,Pf, wie sollten wir die fälschen?", fragte Rezo irritiert.
,,Hier ist alles möglich", konterte Julien und grinste.
Eine Frau kam von der anderen Seite auf uns zu und schloss die Tür auf. Dann musterte sie uns:,,Was wollt ihr hier?"
,,Sie klingt richtig begeistert", flüsterte Felix Rezo zu und dieser schmunzelte.
,,Wir wollen Simon Wiefels verabschieden", Julien gab ihr den Zettel und sie überflog ihn.
Dann nickte sie:,,Man hat euch schon angekündigt. Ihr könnt im Eingangsbereich warten."
Damit öffnete sie die Tür ganz und wies uns an ihr zu folgen. Station 4 schien ähnlich anfgebaut zu sein wie 3. Erst gingen wir durch den Gemeinschaftsraum, der auch an die Tür zum Innenhof grenzte. Direkt vor uns ging es zum Pflegerzimmer, was mich ein wenig wunderte. Auf 3 war es am Anfang der Station und nicht mittendrin.
Rechts ging es zum Innenhof und zwei Fluren entlang. Aber die Frau bog links ab und wir passierten den Speiseraum, wo alle Patienten saßen und gerade aßen.
Ich bemerkte Ardy, der uns ebenfalls entdeckte und kurz zuwinkte. Rezo winkte zurück, die anderen beiden schienen ihn kaum wahrgenommen zu haben.
Dann betraten wir einen großen Raum, ähnlich dem von Station 2. Es gab eine Art Rezeption und mehrere Stühle in der Ecke. Es erinnerte an ein Wartezimmer bei einem Arzt.
,,Ihr seid echt gekommen", Simon stand von einem der Stühle auf und umarmte Rezo.
Dieser drückte ihn an sich:,,Natürlich." Er umarmte Julien und Felix ebenfalls, mir gab er die Hand. Ich schüttelte sie und musterte ihn.
Ich wusste nicht mal weswegen Simon hier war, ich kannte ihn eigentlich gar nicht. Es war komisch ihn jetzt zu verabschieden, wo wir uns so fremd waren. Simon stellte sich vor uns.
,,Ihr werdet mir echt fehlen", gestand er und holte tief Luft. Du wirst ihm nicht fehlen, Mexify.
,,Du uns doch auch", Felix klopfte ihm auf die Schulter. Simon lächelte und strich sich durch die Haare.
,,Meine Therapeutin meinte, ich wär soweit. Aber irgendwie bin ich mir echt noch unsicher", sagte er ein wenig verlegen.
,,Du schaffst das", munterte Rezo ihn auf, ,,Wenn einer, dann du."
,,Genau", stimmte Julien ihm bei. Simon nickte dankbar:,,Dann muss ichs ja schaffen."
,,Bist du soweit, Simon?", erst jetzt bemerkte ich die zierliche Frau mit den braunen Locken, die ebenfalls von einem der Stühle aufstand. Sie hielt einen Koffer in der Hand und lächelte uns zu.
,,Das ist meine Mutter", stellte Simon sie überflüssigerweise vor.
,,Ich hab schon einiges von euch gehört", sagte sie und lächelte wieder.
,,Danke, dass ihr Simon so gut unterstützt habt", fügte sie hinzu. Du nicht, Mexify.
,,Hier halten wir zusammen", stellte Rezo klar.
Simon sah von einem zum anderen, dann zu seiner Mutter. ,,Ja, wir können", dann sah er wieder zu uns.
,,Macht keine scheiße", sagte er und sah dabei jeden von uns noch einmal an.
,,Natürlich nicht", entgegnete Rezo, ,,Wir sehen uns bald, ja? Aber nicht hier, sondern draußen."
,,Auf ein Wort", Simon streckte ihm die Hand hin und Rezo schlug ein. Dann drehte er sich um und ging zu seiner Mutter.
,,Tschau", Simon winkte uns noch einmal, bevor er die erste der beiden Glastüren passierte und schließlich durch die zweite nach draußen ging.
Weg von diesem Ort.
Weg von uns.
Weg von uns Psychos.

Psychiatrie - MexifyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt