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,,Willkommen in unserem Reich", begrüßte Rewi mich nachdem er mir die Zimmertür geöffnet hatte. Dann trat er zur Seite und machte eine übertriebene Handbewegung. Ich verdrehte kurz die Augen und ging dann mit einem leichten Grinsen an ihm vorbei in den dunklen Raum.
Manchmal war Rewi wirklich wie ein kleines Kind. Aber im positiven Sinne.
Im Zwielicht machte ich Rezo aus, der neben Felix auf dessen Bett saß und mir zuwinkte:,,Lange nicht gesehen, Mexify."
,,Zehn Minuten", lachte ich und sah zu Julien, der auf Rewis Bett saß und neben sich klopfte. Also ließ ich mich neben ihm nieder und lehnte mich gegen die raue Wand.
,,Das war ja eigentlich mein Platz", Rewi schloss die Tür und setzte sich stattdessen auf einen der Stühle.
,,Tja, hab ihn an Mexify verschenkt", erwiderte Julien.
,,Kreative Vorschläge für ein heutiges Thema?", fragte Felix. Auch wenn es fast gänzlich dunkel war, wusste ich, dass er fragend in die Runde sah. Einen Moment herrschte Stille und jeder schien sich seine Gedanken zu machen.
Themen hatte ich genug. Aber ich wollte über keines reden. Eigentlich war ich sowieso nur hier, weil ich nicht allein sein wollte.
Der Tag heute war gut gewesen. Wirklich gut. Das Kunstangebot, das Treffen mit Taddl und Ardy, lustige Gespräche beim Abendessen und so wenige negative Gedanken wie schon lange nicht mehr. Jedes mal wenn sie sich in den Vordergrund hatten drängen wollen, hatte die Stimmung der Anderen sie einfach zurückgedrängt.
Vielleicht kam mir der Tag aber auch so gut vor, weil der gestrige so schlecht gewesen war.
,,Was ist eure Lieblingsfarbe?", die Frage war mir so plötzlich in den Kopf geschossen, dass ich sie einfach ausgesprochen hatte.
Fast erwartete ich zumindest von Felix einen dämlichen Kommentar zu dieser dämlichen Frage, aber stattdessen war er der erster, der antwortete:,,Rot. Ein schönes kräftiges Rot."
,,Rot ist schön. Meine ist Blau", fuhr Rezo fort, ,,Wie der Ozean, wenn die Sonne es erhellt."
,,Oder so wie deine Haare", kommentierte Julien grinsend neben mir.
Rezo zuckte mit den Schultern:,,Joa, das passt auch." Auch er musste grinsen.
,,Also ich mag Orange am liebsten. Gelb und Rot mochte ich schon immer, aber Orange ist irgendwie die perfekte Mitte. Hell und strahlt irgendwie etwas Positives aus", ergriff Rewi das Wort nach einer kurzen Überlegung.
,,Orange ist echt schön", Julien nickte, ,,Aber ich mag Violett echt gerne. In Kombination mit Schwarz vor allem. Hat was magisches."
,,Magisches", äffte Felix lachend nach und warf sich auf die Seite, ,,Bist du eine Elfe, Julien?"
,,Wer weiß", lachte Julien, ,,Vielleicht fehlt mir nur der passende Stab."
,,Wir können dir einen basteln", glukste auch Rezo, ,,Beim nächsten Kunstangebot."
,,Ja, mit einem pinken Stern", sponn Rewi die Idee weiter.
,,Glitzer darf auch nicht fehlen", kommentierte ich und stieß Julien meinen Ellenbogen in die Seite.
,,Ich seh schon, das wird super", lachte dieser.
,,Und dann zauberst du einfach ein bisschen, ja?", bat Rezo und fuchtelte mit seinen Armen in der Luft rum.
,,Klar, wenn ihr mir auch noch das passende Zauberbuch macht", Julien nickte.
,,Klingt nach einem Plan", Rewi zeigte ihm einen Daumen hoch.
,,Was ist deine Lieblingsfarbe, Mexify?", fragte Rezo und wechselte damit zum eigentlichen Thema zurück.
,,Grün", ich dachte an heute Morgen, ,,Wie die Bäume im Sommer." Der Gedanke ließ mich wieder lächeln. Ich hatte eine LIeblingsfarbe!
Gott, bin ich dämlich.
Aber vorallem der Dunkelheit wegen war es mir egal.
,,Passt zu deinem Hoodie", warf Felix ein.
,,Stimmt", ich nickte. Eine weitere Frage schoss mir durch den Kopf. Auch wenn ich selbst keine Antwort darauf hatte.
,,Kann ich noch eine Frage stellen?", fragte ich und kniff die Augen zusammen. Ich klang wie ein kleines Kind, dass um eine Süßigkeit bettelte. Wieso stellte ich mich so dumm an? Aber ich ignorierte den aufkommenden Selbsthass. Nicht jetzt.
,,Äh, klar?", man hörte Rewi seine Irritation heraus. Ja, ich stell mich gerade dumm an, merke ich auch.
Aber ich holte tief Luft und stellte sie:,,Habt ihr ein Ziel im Leben?"
Die Frage nach einem Ziel im Leben war mir heute morgen zum ersten mal in den Sinn gekommen. Bis heute Morgen hatte ich gedacht, dass Sterben mein einziges Ziel war.
Seit Jahren war es das einzige, was ich wollte. Das einzige, dass in dieser ganzen scheiße irgendwie Sinn zu ergeben schien.
Aber nachdem ich nun eine Lieblingsfarbe und ein Lieblingstier hatte, war mir erstmals die Frage nach einem weiteren Wunsch in den Sinn gekommen. Besonders die Bilder an den Wänden des Kunstraumes hatten mich zum Nachdenken gebracht.
Was wollte ich im Leben mal erreichen? Eine Antwort hatte ich noch nicht gefunden.
Doch, habe ich. Aber ich verdängte sie. Suizid konnte nicht mein einziger Wunsch sein. Denn wenn er es war, war jeder einzelne Tag sinnlos. Und der Gedanke tat weh. Denn ich lebte und anders als gestern wollte ein Teil von mir das auch bleiben. Er wollte kämpfen, koste es was es wolle.
Wenn ich schon lebe, brauche ich ein Ziel. Sonst blieb mir nur das eine zu erreichen, dass ich versuchte wenigstens heute zu verdängen.
Rezo, Julien, Rewi und Felix schienen ebenfalls immerhin ein bisschen zu kämpfen, egal wie schlecht es ihnen ging. Dann wollte ich es auch versuchen. Einfach nur versuchen. Aber was war mein Ziel?
Dazu müsste ich mir erstmal die Frage stellen, was ich vor meinem Tod erreichen wollte. Und da gab es nichts. Denn momentan war der Tod selbst ja noch mein Ziel.
Es klingt traurig. Aber leider war es die Realität. Zumindest bis ich ein neues Ziel fand.
Ich sah interessiert zu den Anderen. Vielleicht hatten sie ein Ziel. Vielleicht sogar eines, dass ich mir auch setzen konnte. Es wenigstens versuchen.
Einmal im Leben etwas anderes als Versagen versuchen.
Einmal etwas anderes als den Suizid haben.
Einmal etwas haben wofür ich leben wollte.
Irgendwo war ja genau das auch ein Ziel oder? Etwas finden, was mich am Leben hielt. Etwas, für das ich leben wollte. Etwas, dass mir einen Sinn in all dieser Sinnlosigkeit gab. Aber für was könnte ich leben? Und was war, wenn ich es erreichte? War mein nächstes Ziel dann doch Suizid?

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Was ist eure Lieblingsfarbe?

Psychiatrie - MexifyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt