Ich schloss die Tür hinter mir und atmete tief durch. Dann fuhr ich mir durch die Haare. Die ganze Therapie hatte sich gezogen. Immer wieder hatte Frau Ohle Fragen zu meinen Freunden gestellt und ich hatte sie immer wieder sortieren müssen. Am Ende hatte meine Psychologin mir nur noch einen Zettel mit meiner neuen Medikation mitgegeben, den ich bei den Pflegern abgeben sollte.
Wenig begeistert musterte ich das gefaltete Blatt Papier in meiner Hand. Medikamente.
Das letzte was ich gerade brauchte waren irgendwelche Tabletten, die meinen Kopf noch mehe durcheinander brachten. Das einzig Gute an ihnen war die Tatsache, dass ich immer mehr von ihnen sammeln konnte.
Und wofür? Als hätte ich mitlerweile eine Antwort darauf. Einen Versuch hatte ich hinter mir, einen zweiten mit Tabletten wollte ich eigentlich nicht wagen. Zumal ich nicht wusste welche Menge ich von den Medikamenten hier benötigte. Und ich konnte es den anderen nicht antun es zu versuchen. Zumindest jetzt nicht.
Nachdenklich ging ich den Flur mit den Therapieräumen entlang. Gerade betrat Patrick eines der Zimmer und lächelte mir beim Schließen der Tür kurz zu. Doch ich erwiderte es nicht. Zum Lächeln war mir einfach nicht zumute. Zumal ich gleich einen depressiven Rezo vor mir haben würde, falls die Familientherapie nicht durch irgendeinen universellen Zufall doch noch gut gelaufen war.
Erneut seufzte ich und bog in den Flur zum Pflegerzimmer ab. Vielleicht war wenigstens Rewi endlich wach. Er war der einzige, dem ich es zutraute Rezo irgendwie ehrlich aufzumuntern.
Ich klopfte an die Tür zum Pflegerzimmer und wartete. Ungeduldig knickte ich das Papier in meiner Hand. Dann öffnete endlich Frau Singer die Tür und musterte mich interessiert.
,,Ich soll Ihnen das von Frau Ohle geben", sagte ich und streckte ihr das Papier entgegen.
,,Von Frau Ohle?", fragte sie leicht irritiert nach, griff nach dem Blatt und überflog die Zeilen.
,,Ach es geht um deine Medikation", begriff sie und nickte, ,,Danke, wir werden dir deine Medikamente ab morgen anpasssen."
,,Okay", ich nickte und drehte mich um.
,,Moment", bremste sie mich und öffnete die Tür ein Stück weiter, ,,Du hast deine Medikamente heute noch nicht genommen, Maximilian. Das kannst du am Besten jetzt gleich tun."
Missmutig drehte ich mich um und trat in die offene Tür. Na toll, das hatte mir die Übergabe eines dummen Zettels also eingebrockt. Frau Singer griff bereits nach dem kleinen Plastikbecher und der Wasserflasche mit meinem Namen.
,,Bitteschön", sie übergab mir beides und drehte sich zu einer der Regale um einen Ordner herauszuholen. Schnell schüttete ich die Tabletten in meine Hand und ließ sie in meiner Hosentasche verschwinden. Als die Pflegerin sich zu mir umdrehte, trank ich einen Schluck aus der Wasserflasche und stellte diese auf den Tisch neben der Tür zurück.
,,Sehr schön", lobte Frau Singer und nahm mir den leeren Plastikbecher wieder ab. War auch zu einfach heute.
Ich nickte nur und verließ den Raum wieder. Hinter mir fiel die Tür ins Schloss und ich griff in meine Hosentasche. Es war fast zu leicht gewesen.
Ich holte die Tabletten hervor und betrachtete sie. Sie waren wie eine Tür nach draußen, die man zugesperrt und den Schlüssel auf der ganzen Station versteckt hatte. Nicht unmöglich, aber zu schwer um es zu versuchen. Genervt ließ ich sie wieder in die Tasche gleiten. Am Ende war es doch nur ein sinnloser Gedanke. Bis ich genug Tabletten hatte, starb ich vermutlich an zu hohem Alter.
Ich bog in den Flur zu meinem Zimmer ab und seufzte wieder. Wie lange sollte ich noch hier bleiben? Ein paar Monate, Jahre? Kam ich hier überhaupt jemals raus? Ich musterte die kahlen Wände, die den Flur säumten. Konnte man sich an das triste weiß gewöhnen? Fast hätte ich gelacht. Als ob bunte Bilder diesen Ort verschönern würden.
Nein, am Ende blieb es bloß eine scheiß Klinik, die nichts am Leben änderte. Mehr war sie nicht. Ich rollte mit den Augen. Scheiß Ort.
Vor meiner Zimmertür blieb ich stehen und zögerte sie zu öffnen. Fast schon hoffte ich keinen Rezo vorzufinden. Ich war mir unsicher, wie gut ich damit umgehen konnte ihn so niedergeschlagen wie heute morgen zu erleben.
Ich holte tief Luft und drückte die Türklinke herunter. Dann öffnete ich die Tür und betrat den hellen Raum. Sofort zuckte Julien auf seinem Bett zusammen und sah zu mir. Dann seufzte er und schüttelte den Kopf.
Irritiert schloss ich die Tür hinter mir:,,Alles okay?" Julien wirkte so angespannt, dass ich fast glaubte die Anspannung zu spüren. Sie hing wie eine unsichtbare Wolke im Raum.
Julien wippte nervös mit seinem Knie und schüttelte schließlich den Kopf:,,Keine Ahnung, vielleicht übertreibe ich einfach nur..." Er seufzte und sah aus dem Fenster. Ich musterte ich verwirrt.
,,Wie soll ich das verstehen?", fragte ich nach. Julien brauchte einen Moment bevor er zögernd antwortete:,,Ach keine Ahnung. Rezo war gerade nur so merkwürdig und ich hab gehofft, dass er endlich zurückkommt von Mark."
,,Rezo war hier?", fragte ich sofort nach. Dann war die Familietherapie also wirklich schon vorbei?
,,Ja war er, aber als ich kam war er schon weg", erst da bemerkte ich Felix, der auf einem der Stühle am Tisch saß und unruhig aus dem Fenster sah.
Julien nickte langsam:,,Vor gut zwanzig Minuten schon. Und dann wollte er zu Mark, wegen eines Gesprächs deswegen. Aber-" Julien zögerte und sah nervös zu mir:,,-aber er hat sich so komisch verhalten, weißt du? Er wollte nicht über die Therapie reden und keine Ahnung, er war einfach ganz seltsam..." Wieder schüttelte er den Kopf.
Ich spürte wie mir ein Schauder über den Rücken lief. Nicht wegen Juliens Worten, sondern eher dessen Reaktion. Julien kannte Rezo und so wie er sich verhielt verhieß das nichts Gutes. Was wenn er sich etwas antut?
Ich spürte wie sich mir die Brust zusammenzog. Allein der Gedanke war so erdrückend, dass ich glaubte keine Luft mehr zu bekommen. Wie ein Seil, dass jemand immer enger um mein Herz zu schlingen schien um mir die Luft zu rauben.
,,Er war zumindest nicht im Pflegerzimmer", murmelte ich abwesend und eher zu mir selbst.
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Psychiatrie - Mexify
Fanfiction,,Bevor ich an meinen Gedanken sterbe, beende ich es lieber selbst" Nach einem gescheiterten Suizidversuch wird der 17.jährige Mexify in die Psychiatrie eingewiesen. Man will seine Psyche in den Griff bekommen, aber für Mexify scheint es nur noch ei...