Ich ließ mich auf den Stuhl fallen und seufzte. Erneut fuhr ich mir über das Gesicht, auch wenn Rezo mir den ganzen Weg zum Speiseraum versichert hatte, dass man es mir nicht ansah, dass ich geweint hatte.
Manchmal wünschte ich mir wirklich so stark zu sein wie Rezo. Auch wenn es ihm nicht gut ging und seine Fassade vor ein paar Minuten eingebrochen war, wirkte er wieder als wäre nichts passiert. Wie schaffte er es all das so schnell auszublenden?
,,Schau mal", Rezo tauchte neben mir auf und stellte einen Teller vor mich ab, ,,Es gibt Spagetti." Er lächelte und setzte sich auf seinen Platz ans Tischende.
,,Cool", murmelte ich und musterte die Nudeln mit der roten Soße. Vermutlich Bolognese.
,,Magst du nicht?", fragte Rezo und war im Begriff aufzustehen.
Doch ich schüttelte schnell den Kopf:,,Nein, dass ist es nicht." Wieder seufzte ich und vergrub mein Gesicht in den Händen.
Meine Probleme waren nicht gelöst. Auch wenn mir das Gespräch ehrlich gut getan hatte. Übermorgen würde ich meine Eltern wiedersehen und wir würden meinen Abschiedsbrief durchgehen. In einer scheiß Psychiatrie in der ich nur war, weil ich daran gescheitert war mir das Leben zu nehmen. Dumm.
Rezo stand auf und setzte sich auf Juliens Platz neben mich.
,,Hey", er beugte sich zu mir, ,,Das wird wieder. Ehrlich." Klar. Sagt man das so zu jemandem, der sich das Leben nehmen will?
,,Was macht man bei den Familiengesprächen?", fragte ich statt einem sinnlosen Kommentar. Ich sah fragend in seine Augen. Rezo rückte wieder ein Stück zurück.
,,Uff, deswegen das mit dem... na du weißt schon?", fragte er und sah mich mit einer Mischung aus Mitleid und Mitgefühl an. Ich nickte einfach. Ja, es würde um den Brief gehen.
,,Eigentlich sind die echt nicht so schlimm", Rezo zog die Mundwinkel nach oben, ,,Man redet über Diagnosen, Therapiefortschritte, Zukunft und wie man Probeleme zuhause lösen kann. Hast du Probleme mit deinen Eltern?" Wieder sah er mich mit diesem Blick an.
Ich nickte nach kurzem zögern. Das Verhältnis zwischen meinen Eltern und mir war nicht allzu gut. Nicht das wir uns jeden Tag stritten oder es Gewalt gab. Nein, eher war es so, dass sie mich ignorierten und dann anschrien, wenn sie wieder unzufrieden mit mir warem. Also doch fast täglich. Für sie war ich eine einzige Enttäuschung und das zeigten sie mir auch so.
Sie waren vor der Einweisung in die Psychiatrie auch nicht allzu begeistert gewesen. Klar, irgendwo waren sie meine Eltern und ich war ihnen schon wichtig, aber von dem was in meinem Kopf passierte verstanden sie eben nichts. Sie verstanden nicht wieso ich versucht hatte es zu beenden.
,,Das wird schon", wiederholte Rezo und lächelte aufmunternd, ,,Und jetzt iss." Er nahm eine Gabel Nudeln in den Mund und kaute darauf herum.
,,Wo bleiben die Anderen?", lenkte ich ein und warf einen Blick auf meinen Teller. Hunger hatte ich gerade wirklich nicht.
,,Die kommen bestimmt gleich, wir sind ja heute früh", amtwortete Rezo mit einem Blick auf die Uhr. Ich folgte ihm. Aber nicht aus Interesse, sondern um vom Essen wegsehen zu können.
,,Wer kommt gleich?", fragte eine Stimme in dem Moment und zwei Stühle wurden zurückgeschoben. Felix und Rewi setzten sich uns gegenüber und stellten ihre Teller ab.
,,Da seid ihr ja", Rezo grinste ihnen entgegen, ,,Na, euch meine ich." Die beiden grinsten ebenfalls und begannen zu Essen.
,,Hast du geweint?", fragte Felix mich in dem Moment und musterte mich besorgt. Na super. Soviel dazu, dass niemand nachfragen würde. Innerlich verdrehte ich die Augen. Rezo warf Felix einen vernichtenden Blick zu, aber dieser zuckte nur mit den Schultern.
,,Ich frag ja nur", er trank einen Schluck.
,,Keine besonders gute Frage", erwiderte Rezo mit einem warnenden Unterton.
,,Therapie halt", sagte ich schnell. Ich hatte echt keine Lust auf einen Streit. Zumal Rezo trotz seines Lächelns noch immer etwas aufgewühlt wirkte. Vermutlich konnte er seine Gefühle doch nicht gänzlich verstecken.
,,Oh sorry", entschuldigte sich Felix sofort und nickte mir zu, ,,War echt ne dumme Frage."
,,Passt", murmelte ich und starrte auf meinen Teller. Dann schob ich ihn neben Rezo:,,Kann Ju haben. Hab echt keinen Hunger."
Rezo musterte mich kurz, sagte aber nichts. Stattdessen nickte er und stellte den Teller zum leeren Stuhl.
,,Was habt ihr gemacht?", fragte Rezo und wechselte so das Thema.
,,Wir waren bei Pavillion", berichtete Rewi mit vollem Mund, ,,Taddl und Ardy waren auch da. Sie wollten heute Nachmittag nochmal hin."
,,Muss cool sein auf 4 zu sein", bemerkte Rezo, ,,Die können immer raus."
,,Naja, unsere Zeiten find ich auch fair", Felix kaute lautstark auf seinen Nudeln herum.
,,Du bist ja auch 2 gewohnt", grinste Rewi und stieß ihm in die Seite.
,,Ey, was soll das denn heißen?", fragte Felix empört.
Beide lachten und auch Rezo fiel mit ein. Nur ich nicht. Irgendwie war mir dazu gerade nicht zumute.
Gerade wollte ich einfach nur irgendwie meine Probleme loswerden, sowie die erneut aufkommenden Gedanken an den dummen Abschiedsbrief.
Der Gedanke an meine Klinge schoss mir ebenfalls in den Kopf. Aber nach dem Gespräch mit Rezo konnte ich das einfach nicht. Ich hatte gesagt, dass ich ihm vertraue. Das war gelogen gewesen. Zumindest ein bisschen.
Es war nicht so, dass ich ihm nicht vertraute, aber das ich mir etwas mit einer Klinge angetan hatte, die ich quasi durch ihn bekommen hatte schien mir doch nicht fair. Bisher hatten sie es nicht bemerkt und so sollte es bleiben. Bis die Schnitte abheilten konnte es allerdings dauern.
,,Wo ist Julien eigentlich?", fragte Rewi und sah sich suchend um.
,,Therpie", antwortete Rezo, ,,Kann also dauern."
,,Ich glaub der packt das", Rewi grinste stolz, ,,Ich meine Julien. Er hat sich echt gemacht seit ich ihn das letzte mal gesehen habe. Also vor 2 meine ich."
Rezo legte den Kopf schief:,,Hab ich mich auch gemacht?"
Rewi sah ihn verwirrt an, dann lachte er auf:,,Natürlich. Aber du bist und bleibst immer der alte Rezo." Rezo und Felix lachten ebenfalls. Aber das konnte bei Rezo leider alles heißen. Ich will meine Gedanken und Gefühle auch so gut verstecken können...---
Danke an dieser Stelle einmal für all die Reads, Votes, Kommentare, Follows, etc. Ich weiß das total zu schätzen und hoffe sehr, dass ich die Geschichte weiterhin so aufrecht erhalten kann, wie ichs bisher tue. Ich geb mir Mühe. Und bleibt alle stark, ich glaub an jeden einzelnden von euch :)
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Psychiatrie - Mexify
Fanfiction,,Bevor ich an meinen Gedanken sterbe, beende ich es lieber selbst" Nach einem gescheiterten Suizidversuch wird der 17.jährige Mexify in die Psychiatrie eingewiesen. Man will seine Psyche in den Griff bekommen, aber für Mexify scheint es nur noch ei...