,,Habe keine Lust immer alles zu erklären", antwortete Rezo kurz angebunden und wandte sich wieder meinem Handy zu. Aber den leicht genervten Unterton hatte ich dennoch gehört.
Einen Moment musterte ich ihn, wie er auf meine Galerie ging und durch die wenigen Bilder scrollte. Jetzt lügst du. Denn irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er log. Bei Rezo war das zwar schwer zu sagen, aber dieser unbedeutende Unterton hatte sich mir in den Kopf gebrannt.
,,Wieso hast du kaum Bilder?", fragte Rezo und hielt mir mein Handy vors Gesicht um mir die wenigen zu zeigen.
,,Was soll ich fotografieren?", ich zuckte mit den Schultern und verdrängte den Gedanken, Rezo würde lügen.
,,Keine Ahnung, Freunde, Natur, irgendwas... keine Ahnung. Aber nur eine Brücke und Häuser bei Nacht?", er sah fragend auf die wenigen dunklen Bilder.
,,Freunde habe ich nicht, die Natur kann unfotografiert bleiben und die Bilder bei Nacht finde ich schön", ich starrte auf das Rezos Handy und versuchte mir meine Traurigkeit nicht anmerken zu lassen. Stattdessen schloss ich WhatsApp und klickte auf Rezos Galerie.
Auch wenn ich viele Bilder erwartet hatte, mit fast 9000 hatte ich nicht gerechnet. Dagegen waren meine zwanzig Bilder nichts. Zumal seine Kamera viel bessere Aufnahmen macht.
Es gab sogar verschiedene Ordner. Einen mit Bildern von Freunden, einen mit Uralubfotos, einen mit Screenshots und unzählige weitere. Interessiert scrollte ich durch die Alben und die Fotos darin. Rezo hatte zwar erzählt, dass er viele Freunde gehabt hatte und eigentlich ein gutes Leben, aber der Rezo auf den Bildern schien viel zu glücklich für diesen Ort zu sein. Er strahlte auf jedem in die Kamera und schien auch die anderen Personen darauf zu motivieren.
Ich stoppte bei einem der Bilder und musterte es. Rezo stand mit zwei Mädchen und einem Jungen auf einem Felsen und grinste in die Kamera. Im Hintergrund zeichnete sich ein strahlend blauer Ozean ab.
,,Madeira", erläuterte Rezo und musterte das Bild ebenfalls, ,,War ein schöner Urlaub damals." Nachdenklich starrte ich weiterhin auf das Bild.
Welchen Rezo kenne ich? Welchen Rezo kennen die Personen auf dem Foto? So viele Gedanken schossen mir durch den Kopf, dass ich mich nicht von dem Bild lösen konnte. Wie konnte eine Person zwei so unterschiedliche Leben führen? Wie konnte er so glücklich wirken?
,,Mexi, hallo", lachte Rezo und ich bekam einen leichten Stoß in die Seite. Sofort zuckte ich zusammen und sah verwirrt zum Blauhaarigen.
,,Träumst du?", fragte er.
,,Was, nein", ich schüttelte den Kopf und riss mich von den Gedanken los.
,,Ich hab dir gerade gesagt, dass deine Sms nur so Update Sms sind, hast du das gehört?", fragte er und rückte ein Stück hoch zu mir.
,,Äh, nein", ich schüttelte wieder den Kopf, ,,Aber dachte ich mir schon." Auch die Enttäuschung wollte ich mir nicht anmerken lassen. Natürlich waren da keine Nachrichten. Von wem auch?
,,Gib mal her", Rezo griff nach seinem Handy und winkelte seine Beine an, damit er es dagegen lehnen konnte. Dann öffnete er eine App auf meinem Handy und gab etwas ein.
Aber ich wandte nur den Blick ab und sah zu Julien hinüber, der mit dem Rücken zu uns auf seinem Bett lag und Kopfhörer in den Ohren hatte. Vermutlich sah er YouTube oder irgendwas anderes, denn zu Rezo und mir umgedreht hatte er sich bisher nicht.
Mein Blick glitt weiter zum Fenster und ich sah in den wolkenverhangenen Himmel. Vielleicht war ich der Welt wirklich egal? Nein, ich war ihr egal.
Ich konnte sogar in einer Psychiatrie verschwinden, ohne eine Spur zu hinterlassen und niemanden interessierte es. Meine Schulklasse war vermutlich froh mich nicht mehr dabei zu haben, es war ihnen sowieso egal wo ich war. Hätte mein Versuch geklappt hätte man ihnen immerhin das erzählt. Aber so war ich einfach nur verschwunden, weniger wert als ein Toter. Auch wenn es keinen Unterschied gemacht hätte. Ich war in dieser Klinik, weil ich jedem egal war, weil ich verschwinden konnte ohne vermisst zu werden.
Meine Gedanken gingen zu Rezo zurück. Er hatte hunderte Nachrichten, Leute die sich für ihn interessierten. So viele Fotos die an ein glückliches Leben erinnerten, ob es das nun gewesen war oder nicht.
Konnte ein Mensch so gut lügen?
Wieder wanderten meine Gedanken zu Rezos Chat mit Julia. Dachte sie wirklich er würde ein Auslandsjahr machen, statt in einer Psychiatrie mit dem Suizid zu kämpfen? Wusste sie von seinen Versuchen? Ich drehte mich zu Rezo zurück und musterte ihn.
Wie gut kenne ich dich? Was lügst du mir vor? Ich musterte, wie Rezo auf meinem Handy erneut irgendwas eingab.
Aber eigentlich war es ja auch egal oder? Er könnte mein Handy auch einfach behalten, viel war eh nicht drauf. In dem Moment drehte sich Rezo lächelnd zu mir und öffnete die Kamera auf meinem Handy. Dann hielt er das Handy hoch und rückte zu mir. Verwirrt sah ich wie Rezo den Aufnahmeknopf betätigte und ein Foto schoss.
Rezo musterte das Bild kurz und schüttelte den Kopf:,,Das kannst du besser Mexi, lächel mal."
,,Ich seh nicht gut aus auf Bildern", murmelte ich wenig begeistert, sah aber dennoch in die Kamera.
,,Lächeln", wies mich Rezo erneut an, also versuchte ich es, ihm zuliebe. Aber wieder klickte Rezo das Bild nur weg.
,,Ach komm schon, Mexi", Rezo musterte mich nachdenklich. Dann kam ihm wohl eine Idee, denn er grinste.
,,Was?", fragte ich verwirrt, aber im selben Moment warf Rezo sich schon auf mich und began mich gnadenlos zu kitzeln.
,,Ey", ich musste sofort lachen, auch wenn ich nicht wollte. Ich konnte gar nicht anders.
Verzweifelt lachend versuchte ich Rezo wegzustoßen, aber er war stärker und ich konnte nichts tun als zu lachen.
,,Man Rezo", ich drehte mich zur Seite, aber Rezo ließ nicht locker.
,,Lachen", wies er mich lachend an und legte sich wieder neben mich. Sofort began er Bilder zu machen, was ich nicht verhindern konnte. Genauso wenig konnte ich jedoch auch mein Lachen verhindern, so unharmherzig kitzelte Rezo mich weiterhin.
Und irgendwie tat es sogar gut. Ob gewollt oder nicht, es tat gut zu lachen.
Ich hatte das Gefühl die Gedanken einfach fortwischen zu können. Vielleicht für diesen Moment, aber er reichte. Für einen ganz kurzen Moment, der meinen Aufschub des Versuchs rechtfertigen könnte. Egal wie klein er war.
Als Rezo schließlich endlich aufhörte rang ich keuchend nach Luft und drehte mich sofort auf den Bauch um Rezo zu entkommen.
,,Wieso?", lachte ich leise und sah zu Rezo.
,,Deswegen", grinste Rezo und hielt mir ein WhatsApp Profilbild von uns beiden vors Gesicht. Nein, nicht ein WhatsApp-Profilbild: Meins. Und darunter war ein Kontakt: Rezo.------
Habe mal eine Frage: Ich schreibe auch Gedichte und wollte mal fragen ob da Interesse für ein seperates kleines Gedichtebuch besteht? Sind wirklich keine Meisterwerke, aber ich schreibe sie sowieso und vielleicht sind sie für den ein oder Anderen etwas.
Naja einen schönen Abend euch, morgen wird euer Tag^^
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Psychiatrie - Mexify
Fanfiction,,Bevor ich an meinen Gedanken sterbe, beende ich es lieber selbst" Nach einem gescheiterten Suizidversuch wird der 17.jährige Mexify in die Psychiatrie eingewiesen. Man will seine Psyche in den Griff bekommen, aber für Mexify scheint es nur noch ei...