,,Was machen wir heute noch?", fragte Julien in die Runde, als wir gemeinsam den Flur zum Pflegerzimmer betraten.
,,Keine Ahnung", antwortete Felix und übernahm die Führung. Trotz der Tatsache, dass sein bester Freund ihm gestern eine verpasst hatte und es ihn bis gestern Abend sehr mitgenommen hatte, strahlte er wieder so wie vorgestern. Aber jetzt mit einem Pflaster über der Lippe.
,,Wir könnten raus", schlug Rezo vor und wandte sich fragend zu uns um.
,,Darf nicht", brummte Rewi, ,,Ich hab gleich noch ein Gespräch mit meinem Psychologen."
,,Auf 2?", fragte Julien. Rewi nickte.
In dem Moment klopfte Felix an das Pflegerzimmer und wir warteten.
,,Bringt Mark dich hin?", fragte Rezo weiter. Rewi zuckte mit den Schultern.
,,Ja?", fragte die Pflegerin, die uns die Tür aufmachte.
,,Medikamente", erklärte Felix kurz angebunden. Die Pflegern lächelte und griff nach der Plastikbechern. Widerwillig nahm ich meinen entgegen und ließ mir auch die Wasserflasche in die Hand drücken.
Ich versuchte meine Chancen abzuschätzen, aber die Pflegerin ließ keinen von uns aus den Augen. Mist. Kurz zögerte ich noch, dann kippte ich mir den Inhalt in den Mund und schluckte sie mit Wasser hinunter. Sofort verzog ich das Gesicht und schüttelte mich. Wieso schmeckte das Zeug nur so widerlich? Ich stellte die Flasche zurück auf den Tisch und trat hinter Julien.
,,Wann hab ich mein Gespräch?", fragte Rewi und stellte seine Flasche neben meine. Die Pflegerin ging zu einem Ordner neben dem Computer und schlug ihn auf.
,,Sebastian, richtig?", fragte sie und Rewi nickte.
,,Ah da", sie tippte mit dem Figer auf einen der Zettel darin, ,,Um neun." Gleichzeitig warfen Rewi und sie einen Blick auf die Uhr an der Wand über ihr.
,,Cool, wer bringt mich hin?", Rewi verdrehte leicht genervt die Augen. Es war kurz vor neun.
,,Du kannst hier warten. Ich fordere jemanden von zwei an", teilte die Pflegerin ihm mit.
,,Wir warten mit dir", bot Rezo ihm an, während Rewi sich gegen die Wand lehnte.
,,Ne passt schon", winkte er ab.
,,Können wir dann raus?", mischte sich Julien ein und warf einen fragenden Blick auf die Pflegerin, die nach ihrem Funkgerät griff.
,,Wer ist wir?", fragte sie.
,,Felix, Rezo, Mexify und ich", zählte er auf und zeigte auf uns vier. Kurz zog sie die Augenbrauen hoch, notierte sich dann etwas und nickte.
,,Klar", sie lächelte und drückte auf den Türöffner für die Stationstür.
,,Sollen wir wirklich nicht warten?", fragte Felix Rewi noch einmal. Aber dieser schüttelte wieder den Kopf.
,,Bis später", verabschiedete er sich.
,,Tschau", Julien übernahm die Führung zur Treppe. Ich folgte Felix ihm hinterher.
Eigentlich hatte ich wirklich keine Lust zum Pavillion zu gehen und über irgendetwas sinnloses zu reden. Aber andererseits hatte ich auf gar nichts Lust und man konnte es mir sowieso nicht recht machen.
,,Woran denkst du?", Rezo ließ sich zurückfallen und ging neben mir die Treppe runter. Verwirrt sah ich zu ihm, während er mich mit interessierten Augen musterte.
,,Was?", fragte ich überrumpelt.
,,Na, woran du denkst?", wiederholte er seine Frage.
,,Wieso?", stellte ich meine Gegenfrage. Wie kam er darauf, dass ich an irgendwas dachte?
,,Du siehst nachdenklich aus", beantwortete Rezo mir bereitwillig meine Frage.
,,An nichts bestimmtes", ich zuckte mit den Schultern, ,,Nur das normale halt."
,,Gehts dir nicht gut?", fragte er sofort und in seine Augen trat ein sorgenvoller Blick. Natürlich nicht. Ich hab mich gestern Abend geritzt.
,,Doch", log ich und lächelte.
,,Du lügst", durchschaute er mich augenblicklich und blieb stehen, ,,Komm, sag was los ist." Ich blieb einige Stufen unter ihm stehen. Vor mir gingen gerade Felix und Julien durch die Tür nach draußen.
,,Es ist wirklich nichts", stellte ich mit fester Stimme klar und sah ihm in die Augen. Aber Rezo erwiderte den Blick mühelos.
War ja auch nicht schwer. Augenkontakt fiel mir einfach viel zu schwer.
,,Also grad nicht drüber reden?", fragte er und seine Stimme wurde ein wenig weicher. Ich holte Luft und wollte ein weiteres "Es ist nichts" antworten, aber schließlich nickte ich einfach nur.
Es war sinnlos Rezo anzulügen. Der Junge verstand es wirklich einen zu durchschauen. Und ich wollte nicht mit ihm streiten. Der Streit kommt noch.
Ich seufzte. Wieder waren da die scheiß Gedanken, was passieren würde, wenn er es herausfand.
Rezo schloss zu mir auf und umarmte mich kurz:,,Kannst mir alles sagen." Nicht alles.
Kurz musste ich den Impuls unterdrücken ihm alles zu sagen. Ich hab mich gestern Abend selbst verletzt. Mit den Klingen, die eigentlich für dich bestimmt waren und- Der Gedanke, der in dem Moment durch meinen Kopf schoss ließ mich zusammenzucken.
Für dich bestimmt waren.
Ich drückte Rezo von mir weg und starrte ihn an. Die Klingen waren für ihn gewesen! Die scheiß Klingen waren für ihn gewesen! Sie waren dafür da gewesen, dass er sich das antat. Rezo hatte sich verletzen wollen!
Das war mir auch schon vorher klar gewesen, aber gerade schien dieser Gedanke erst richtig bei mir anzukommen.
Ich spürte Rezos verwirrten Blick auf mir. Aber ich starrte ihn einfach nur weiter ausdruckslos an.
Du wolltest dir etwas antun.
Meine Brust zog sich zusammen bei dem Gedanken.
,,Sicher alles so weit okay?", fragte Rezo. Aber ich antwortete nicht. Ich spürte wie mir Tränen in die Augen traten.
Du wolltest dir etwas antun.
Es war das einzige, was ich denken konnte. Immer wieder schossen die Worte durch meinen Kopf. Er durfte sich nichts antun. Er war mir wichtig.
Ich wollte nicht, dass er Schnitte am Arm trug. Ich wollte nicht, dass er Schmerzen hatte. Ich wollte nicht, dass seine Augen wieder dunkel wurden. Ich wollte nicht, dass es ihm scheiße ging.
,,Mexi?", fragte Rezo wieder, ,,Was ist?"
Ich konnte nicht verhindern,dass ich einen Schritt auf ihn zumachte und die Arme um ihn schlang. Und ich konnte die Träne nicht verhindern, die auf seinen Hoodie tropfte.
,,Ist schon okay", stammelte Rezo und drückte mich an sich.
Scheiße... er ist dir wichtig geworden. Ich biss mir auf die Lippen und hielt die Tränen zurück.
Jetzt hast du nicht nur ein Problem...
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Psychiatrie - Mexify
Fanfiction,,Bevor ich an meinen Gedanken sterbe, beende ich es lieber selbst" Nach einem gescheiterten Suizidversuch wird der 17.jährige Mexify in die Psychiatrie eingewiesen. Man will seine Psyche in den Griff bekommen, aber für Mexify scheint es nur noch ei...