Ich ließ mich auf den Stuhl sinken und betrachtete das Brot auf dem Teller, den mir Julien hinstellte. Eine Scheibe Käse lag darauf.
,,Danke", murmelte ich beläufig. Ich konnte gerade nur einfach nichts essen. Also sah ich nur zu, wie Rewi und Julien schweigend zu essen begannen. Super Mexi, dank dir ist die ganze Stimmung down. Ich stützte meine Ellenbogen auf dem Tisch auf und vergrub das Gesicht in den Händen.
,,Kommt Felix?", fragte Julien und deutete auf den leeren Platz neben Rewi.
Dieser schüttelte nur den Kopf:,,Denke nicht." Ratet mal, weswegen. Genervt von mir selbst starrte ich aus dem Fenster in den dunklen Abend. Graue Wolken bedeckten den Himmel und kündigten ein Unwetter an. Wie passend.
,,Soll einer von uns gleich bei dir im Zimmer schlafen?", riss Juliens Frage mich aus meinen Gedanken.
,,Nein", ich schüttelte sofort den Kopf. Ich muss grad einfach mal allein sein. Am besten für immer. Aber ich schluckte die Worte hinunter und stand stattdessen auf.
,,Sorry, ich kann das einfach grad nicht", murmelte ich und schob den Stuhl zurück. Dann warf ich Julien einen entschuldigenden Blick zu und ging zum Ausgang des Speiseraumes.
Ohne den Kopf zu heben bog ich in den Flur ein und beschleunigte meine Schritte zu meinem Zimmer. Kein Felix kam mir entgegen, kein Rezo. Und warscheinlich war das auch gut so.
Ich öffnete meine Zimmertür und warf mich kraftlos auf mein Bett. Dann starrte ich an die Decke und verschränkte die Arme hinter meinem Kopf.
Fast sofort sammelten sich erneut Tränen in meinen Augen und ich presste machtlos meine Lippen aufeinander. Ich wollte nicht schon wieder weinen. Verdammt, ich wollte alles, nur nicht wieder weinen!
Aber es dauerte keine Minute, bis die erste Träne meine Wange hinunterrollte und ich ein Schluchzen unterdrücken musste. Ich hatte es ihnen allen kaputt gemacht.
Rewi und Julien versuchten irgendwie mir zu helfen, aber ich hatte gesehen, wie schwer es ihnen gefallen war. Sie versuchten irgendwie darüber hinwegzusehen, dass ich sie belogen hatte. Aber es gelang ihnen nicht wirklich. Und Felix und Rezo hatte ich anscheinend so sehr getroffen, dass sie lieber alleine als bei Julien und Rewi waren.
In der Ferne hörte ich ein leises Donnern. Gewitter.
Früher als Kind hatte ich Angst gehabt, wenn es draußen gedonnert hatte. Ich erinnerte mich noch daran, wie ich dann unter meine Bettdecke gekrochen war um mich zu verstecken. Heute hatte ich keine Angst mehr. Es war mir egal, weil ich vor ganz anderen Dingen Angst hatte. Aber immerhin eines war gleich: Auch heute konnte ich mich vor meiner Angst nicht verstecken. Ich wischte mir über die Augen, aber es half nichts.
Mein Leben war so verdammt kaputt... Mein Versuch, diese Klinik, mein ganzes Leben. Alles kaputt. Ausgeführt von einem ebenso kaputten Menschen. Mir. Nur leider hatte ich nicht die Möglichkeit die Glasscherben meines Lebens aufzusammeln um mir damit die Pulsadern aufzuschneiden und aus dem kaputten Leben einen kaputten Tod zu basteln.
Ich krempelte meine Ärmel hoch und betrachtete die Pflaster an meinen Armen. Sie versuchten irgendwie meine Scherben zusammenzukleben, aber dafür war es zu spät. Sie würden nicht halten. Mein Blick glitt zu dem Armband an meinem Handgelenk.
Es macht Sinn. Die Erkenntnis tat weh. Um es zu beenden würde ich es zerschneiden müssen. Das Armband, was für unsere Freundschaft stand. Ich wollte auflachen, so paradox war es. Du brauchst es nicht mehr.
Ich griff danach und zog daran, aber es löste sich nicht so einfach von meinem Arm. Immer wieder versuchte ich es irgendwie zu lösen, aber Rezo musste es wirklich fest geknotet haben. Schließlich gab ich auf und ließ meinen Arm genervt sinken. Da hatte ich nun nichtmal mehr Freunde, aber das scheiß Armband konnte ich nicht ablegen. Lief eigentlich irgendwas mal nach Plan in meinem Leben?
Dieses mal lachte ich auf. Ey wie dumm ich doch war. Natürlich tut es das nicht. Weil ich ich bin.
Ich starrte wieder an die Decke, während draußen ein zweiter Donner ertönte. War ich wirklich so naiv gewesen zu glauben, dass ich hier drinne Freunde finden konnte? Hatte ich das wirklich geglaubt?
Ich hatte nie wirklich Freunde gehabt, vorallem die letzten Jahre nicht. Wieso sollte es sich dann so einfach ändern? Einen Suizidgefährdeten einem normalen Menschen vorzuziehen war pure Sinnlosigkeit.
Ich schloss die Augen und versuchte irgendwie einzuschlafen um meinen Gedanken zu entgehen. Aber ein weiteres Donnern von draußen ließ mich zusammenzucken. Offenbar hatte ich immernoch Angst vor Gewittern. Cool, hatte ich einfach nur noch mehr Ängste bekommen. Was für ein Feigling ich doch war. Kein Wunder, dass ich mir meine Freundschaften kaputt machte. Es machte es vermutlich einfacher, als wenn es die anderen tun mussten.
Hatte ich diesen Schmerz verdient? Die Frage war einfach, denn das hatte ich. Dafür das ich so naiv und dumm gewesen war zu glauben, dass sich einfach so alles ändern konnte nach einem gescheiterten Suizidversuch. Denn es hatte sich nichts geändert. Ich war immernoch eine einzige Enttäuschung für alles und jeden auf dieser Welt.
Manche Menschen waren vermutlich einfach nicht dafür bestimmt glücklich zu sein. Und ich gehörte augenscheinlich dazu. Denn anders konnte ich mir mein sinnloses Leben nicht erklären.
Wieso hatte ich es mit der dummen Klinge nicht einfach beendet? Es wäre so einfach gewesen. Zwei tiefe Schnitte und ein schmerzhafter Weg zu sterben. So einfach war es nur leider nicht. Vorallem nicht hier.
Erneut donnerte es vor meinem Fenster. Dieses mal so nah, dass ich erneut zusammenzuckte und einen Blick nach draußen warf. Der Himmel war fast schwarz und die ersten Regentropfen klatschten gegen das Glas.
Irgendwie rundete es den Tag ab. Meine Gedanken waren so schwarz wie der Himmel. Meine Tränen so zahlreich wie die Regentropfen. Die Angst vor dem Donner war die gleiche, wie davor, dass ich Rezo und die Anderen verloren hatte. Und die Erkenntnisse so klar wie der Blitz, der in dem Moment über den Himmel zuckte.
Tja Mexi, jetzt musst du dir nur noch einen Weg überlegen um es endlich zu beenden. So schwer kann das ja nicht sein. Zeit genug hast du ja jetzt ohne Freunde...
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Psychiatrie - Mexify
Fanfiction,,Bevor ich an meinen Gedanken sterbe, beende ich es lieber selbst" Nach einem gescheiterten Suizidversuch wird der 17.jährige Mexify in die Psychiatrie eingewiesen. Man will seine Psyche in den Griff bekommen, aber für Mexify scheint es nur noch ei...