Ich folgte Frau Meier die Treppe herunter und einen langen Flur entlang. Die Wände waren mit einem horizontalen gelben Strich versehen, der sich den gesamten Gang entlangzog.
Immer wieder zweigten bunte Türen ab und ich musterte gedankenerloren jede einzelne. Pastellfarbene Töne, wie kreativ...
Schließlich hielt Frau Meier vor einer hellblauen Tür und drehte sich mit einem aufmunternden Blick zu mir um:,,Du schaffst das Maximilian." Doch ich wich ihrem Blick aus. Sie haben keine Ahnung... Dann holte ich tief Luft und folgte der Psychologin in den lichtdurchfluteten Raum.
Die Wand mir gegenüber bestand aus vier großen Fenstern und war mit einigen kleineren Pflanzen dekoriert. Die anderen Wände waren mit bunten Kreisen bemalt und mit mehreren vollen Regalen versehen.
Der Boden bestand aus einem ebenso blauen Teppich wie die Tür gestrichen war. Auch wenn er schöner als der braune Teppich in Frau Ohles Büro war, machte es den Raum nicht weniger hässlich.
Erst dann fiel mein Blick auf meine Eltern, die an einem großen runden Tisch saßen und sofort aufsahen, als ich den Raum betrat. Vor ihnen standen zwei Plastikbecher, aus dem meine Mutter sofort zu trinken began und mich nicht aus den Augen ließ.
,,Setz dich", Frau Meier ging an mir vorbei und deutete auf einen blau gepolsterten Stuhl gegenüber von meinen Eltern. Sie selbst ließ sich auf einem anderen Stuhl am Tisch nieder und legte eine rote Mappe vor sich auf den Tisch.
,,Hallo Max", begrüßte mein Vater mich tonlos und warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu.
Ich ließ mich auf meinem Stuhl nieder und ignorierte ihn.
Wieso sind wir hier? Wieso haben wir keinen normalen Sohn? Ich konnte seine Vorwürfe auch ohne Worte aus seinen Augen lesen.
Glaub mir, ich wäre schon lange weg, hätte alles geklappt... Frau Meier räusperte sich und schlug die Mappe auf.
,,Dieses Gespräch soll sich in erster Linie um die Zukunft ihres Sohnes drehen", sich nickte meinen Eltern zu, ,,Haben Sie vorab noch etwas worüber sie mit Maximilian sprechen wollen?" Ich spürte den Blick meiner Mutter auf meiner Haut brennen.
,,Was hast du mit deinen Haaren gemacht?", fragte sie und musterte mich irritiert.
,,Abrasiert", antwortete ich monoton und ließ den Blick durch den Raum schweifen.
,,Aber wieso?", fragte sie nach und sah zu Frau Meier, als könnte sie mir diese Antwort abnehmen.
,,Einfach so", ich biss mir auf die Lippen. Bei solchen Fragen verstand ich Rezos Reaktion nach der Familientherapie nur umso mehr. Meine Mutter schwieg und sah hilfesuchend zu meinem Vater, doch dieser schüttelte nur genervt den Kopf.
,,Maximilian wurde, wie bereits erwähnt, auf diese Station verlegt, weil wir es für seine Sicherheit für besser empfanden ihn hier unter Beobachtung zu haben", wechselte Frau Meier das Thema und breitete einige Zettel aus der Mappe vor sich aus.
,,Aber wieso?", fragte meine Mutter nach und sah wieder zu mir, ,,Er hat einmal überreagiert und in seinem Trotz zu zu vielen Tabletten gegriffen, aber eine Geschlossene ist doch etwas für Psychopaten und Geisteskranke." Ihre Worte verfehlten ihr Ziel nicht und ich spürte wie meine Brust sich zusammenzog. Ich bin ein Psycho...
,,Diese Station ist für Menschen, denen wir helfen wollen", Frau Meier blieb erstaunlich ruhig, ,,So wie wir Maximilian helfen wollen."
,,Der Junge übertreibt gerne, nur weil sich ein anderer Junge das Leben genommen hat, muss er nicht auf die Geschlossene kommen", fuhr mein Vater streng dazwischen und warf mir einen eiskalten Blick zu, ,,Max, ich hab es dir schon beim letzten mal gesagt, dieser Aufenthalt ist ein absolutes Theater von dir."
Nur weil sich ein Junge das Leben genommen hat... Der Satz tat weh.
Ich biss mir noch stärker auf die Lippen und versuchte die aufkommende Trauer und Wut zu unterdrücken, die in mir aufstieg.
,,Yannik war ein enger Freund von Maximi-", hob Frau Meier sachlich an, doch mein Vater fuhr dazwischen, ,,Maximilian hat keine Freunde. Mit jemandem, der immer Aufmerksamkeit sucht will niemand befreundet sein." Auch der Satz tat weh und ich spürte wie meine Augen sich mit Tränen füllten. Doch ich kämpfte dagegen an. Ich würde nicht weinen, das würde ich ihnen nicht gönnen.
,,Maximilian", versuchte es meine Mutter, ,,Hier sind eben keine normalen Leute, wie du gemerkt hast. Hier sind Geisteskranke, die sich wirklich was antun. Nur weil sich dir jemand als Freund ausgibt, ist er es noch lange nicht. Dein Vater hat Recht, nur weil ein Junge sich umgebracht hat, muss man nicht so überreagieren."
Und der Satz durchbohrte mein Herz. Bilder von Rezo schoben sich vor meine Sicht, während sie verschwamm. Dann begannen die ersten Tränen über mein Gesicht zu rinnen und ich sprang auf.
,,Rezo war kein Junge! Er war mein Freund!", meine Stimme überschlug sich fast, ,,Und er hat sich verfickt nochmal umgebracht! Ich hab meinen besten Freund verloren und ihr checkt es nicht! Keiner checkt es!"
Ich hörte mich schluchzen und sah mich im Raum um. Nach einer Klinge? Mexify, es gibt keinen Ausweg aus dieser Hölle...
,,Rezo war nicht geisteskrank!", ich kniff die Augen zusammen und versuchte irgendwie die Tränen zu unterdrücken, ,,Er war einfach alles..." Meine Stimme brach und ich wischte mir mit dem Ärmel über das Gesicht.
Diese verdammten Tränen. Wie oft ich schon vor meinen Eltern geweint hatte... und wie sehr ich gehofft hatte es nie wieder zu tun.
,,Maximilian", Frau Meier stand auf und trat zu mir, ,,Beruhig dich." Ich wich einen Schritt zurück und starrte die Psychologin an.
Ich will mich nicht beruhigen! Ich will gar nichts mehr! Ich will verdammt nochmal, dass endlich Schluss ist! Schluss mit Worten, Schluss mit Gedanken, Schluss mit Gefühlen, Schluss mit Tränen, Schluss mit leben!
Ich sah zur Tür, doch es war keine Option. Es gab keine. Ich konnte nur hier bleiben und diesen Moment ertragen.
Ohne zu Frau Meier zu sehen, ließ ich mich zurück auf den Stuhl fallen und biss mir erneut auf die Lippen um mein Schluchzen zu unterdrücken. Scheiße.
Fuck Rezo, wieso hast du mir das angetan? Wieso hat mein Versuch nicht geklappt? Wieso muss immer alles mich treffen? Wieso kann ich nicht einfach tot sein?
War es so schwer zu sterben?
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Psychiatrie - Mexify
Fanfiction,,Bevor ich an meinen Gedanken sterbe, beende ich es lieber selbst" Nach einem gescheiterten Suizidversuch wird der 17.jährige Mexify in die Psychiatrie eingewiesen. Man will seine Psyche in den Griff bekommen, aber für Mexify scheint es nur noch ei...