,,Na dann, ab ins Außengehenge", grinste Rewi und öffnete die Tür zum Innenhof. Kühle Luft schlug mir entgegen und ließ mich frösteln. Es war nicht so kühl wie vor ein paar Tagen noch, aber dennoch vermisste ich fast augenblicklich die Wärme drinnen.
,,Och ne", hörte ich Felix vor mir sagen, als sich die Tür hinter mir schloss und damit auch das letzte bisschen Wärme nahm, ,,Warum ist der denn da?" Ich trat hinter ihn und folgte seinem Blick.
Fast im selbem Moment zuckte ich zusammen und wäre am liebsten wieder zurück auf Station gegangen. Aber Julien versperrte mir unbewusst den Weg und verschränkte die Arme.
,,War ja klar, dass er auch mal wieder draußen ist", kommentierte er kopfschüttelnd.
,,Und jetzt?", fragte Felix und sah zur Tür zurück. Offenbar spielte auch er mit dem Gedanken wieder rein zu gehen.
,,Augen zu und durch", schlug Rewi vor, auch wenn seine Stimme unsicherer klang als er sich gab.
Julien zuckte mit den Schultern:,,Angriff ist die beste Verteidigung."
Als keiner von uns den ersten Schritt machte, übernahm er nach kurzem Zögern die Führung. Mit einem unguten Gefühl folgte ich ihm, auch wenn ich nur allzu gerne einfach umgedreht wäre.
Was will er hier?
Aber ohne das ich etwas dagegen unternahm, näherten wir uns dem Pavillion. Und ohne das ich umdrehte begegnenten sich unsere Blick. Die blonden Haare, die Lederjacke, die Zigarette in der Hand und das breite Grinsen auf den Lippen, als er uns bemerkte.
,,Hey Luca", begrüßte Julien ihn und hob die Hand. Die Begeisterung in seiner Stimme war so schwach, dass Luca sie vermutlich ebenfalls ohne viel Mühe als falsch abstempeln konnte.
,,Hallo Julien", erwiderte er mit derselben Energie und zog an seiner Zigarette.
,,Das ist Luca", flüsterte mir Felix zu und nickte zu ihm herüber. Etwas verwirrt starrte ich Felix an. Das weiß ich. Aber gerade als ich den Satz aussprechen wollte, schluckte ich ihn hinunter und hätte mir am liebsten gegen den Kopf geschlagen. Idiot!
Niemand von den dreien wusste, dass ich Luca kannte. Nichtmal Rewi wusste es. Ich warf ihm einen kurzen Blick zu, aber dieser hatte nur Augen für den Blonden.
Vielleicht ahnte er es. Vielleicht aber auch nicht. Jedenfalls machte er nicht den Eindruck, dass er diese Verbindung gerade bemerkte. Viel mehr musterte er Luca abschätzend und setzte sich neben Julien auf die gegenüberliegende Bank.
,,Hallo Sebastian", Luca warf ihm ein geheimnisvolles Lächeln zu, ,,Haben sie dich auch endlich entlassen?" Wieder zog er an seiner Zigarette und blies genüsslich den Rauch in Rewis Richtung.
,,Ja, haben sie", antwortete Rewi gelassen. Felix ließ sich neben ihm nieder und musterte Luca mit demselben abschätzenden Blick.
,,Hallo Felix", wieder grinste Luca und sein Blick wanderte zu mir.
Mit seiner Zigarette in der Hand zeigte er einladend neben Felix:,,Setz dich doch auch." Er lächelte übertrieben und ich bekam eine Gänsehaut. Schnell setzte ich mich neben Felix und ließ ihn dabei nicht aus den Augen. Er verstand es mich nervös zu machen.
Aber es schien nicht nur mir so zu gehen. Rewi und Julien musterten Luca mit einem kalten Blick, während Felix es immerhin versuchte. Allerdings sah man ihm seine Unsicherheit an. Luca legte den Kopf zur Seite und musterte uns vier ebenfalls.
,,Wollt ihr mir euren neuen Freund nicht vorstellen?", fragte er mit einer so gekünzelten Stimme, dass ich trotz der Kälte erneut fröstelte. Sein Lächeln war so breit, dass es mich an das des Jokers aus den Filmen erinnerte.
Ich hatte nur einen gesehen und es war mehr als ein Jahr her, aber hätte man Luca in das Kostüm gesteckt und ähnlich geschminkt, wäre die Ähnlichkeit verblüffend gewesen.
Zum ersten mal wurde mir wirklich bewusst, dass ich ihn nicht kannte. Ich konnte ihn nicht einschätzen. Und er schien alles an uns genausten zu beobachten und keine Angst zu haben irgendetwas falsches zu tun oder zu sagen.
,,Wieso?", fragte Julien skeptisch.
,,Wieso denn so unhöflich?", fragte Luca und drückte die Zigarette an der Bank aus. Dann betrachtete er den Stumpf.
,,Wir sind keine Freunde Luca", bemerkte Rewi und begegnete dessen Blick. Luca lachte auf und schnipste den Zigarettenrest in den Mülleimer neben sich.
,,Das stimmt", er nickte und musterte mich nachdenklich. Sofort senkte ich den Blick. Unbehaglich ließ ich meine Hände in der Tasche meines Hoodies verschwinden. Lucas Blick schien mich zu durchbohren.
Am liebsten wäre ich aufgestanden und weggrannt.
Zurück auf die Station die ich so sehr hasste.
Zurück zu den Klingen, die ich von ihm hatte.
Wieso hatte ich das dumme Angebot nur angenommen?
,,Mexify", beantwortete Felix nach einer Weile die Frage, als die Stille unerträglich wurde. Lucas Blick wanderte von mir zu ihm. Und augenblicklich spürte ich Felix Unbehagen.
,,Cooler Name", Luca lächelte wieder, dann schwieg er.
Wieso waren wir hier?
Wieso waren wir nicht einfach wieder reingegangen?
Ich sah zu Julien und Rewi herüber, aber keiner von beiden schien gerade eine Wahl getroffen zu haben, ob wir besser blieben oder gingen. Sogar Rewi wirkte erstmals nicht so selbstbewusst, wie er sich sonst immer gab. Stattdessen musterte er Luca mit einem Blick, den ich nicht deuten konnte. Es war eine Mischung aus Hass, Wut und Unverständnis.
Er weiß es. Der Gedanke schoss mir so plötzlich durch den Kopf, dass ich für einen Moment mein Unbehagen vergaß. Er musste von dem wissen, was Luca tat.
Rewi war auf Station 4 gewesen. Er hatte Rezo gebeten sich nichts mehr zu tun, also musste er wissen, woher er die Klingen bekam.
Kam daher das Misstrauen der anderen?
Wenn Rewi es wusste, dann Julien sowieso. Und Felix auch.
Hassen sie Luca, weil er Rezo hilft sich etwas anzutun? Der Gedanke tat weh. Es war ein plötzlicher schlagender Schmerz, der das meines Herzens übertraf und es fest umschlang.
Was war, wenn sie es wussten, aber nichts tun konnten? Der Schmerz schlang sich immer fester um mein Herz und wickelte es langsam aber sicher ein.
Sie sehen zu, wie er sich immer wieder etwas antut.
Sie sehen zu, wie er neue Klingen hat und sie wissen woher.
Sie sehen zu und können nichts tun.
Der Gedanke schmerzte mehr als meine Schnitte.
Ich sehe zu und kann nichts tun!----
Als Entschädigung für gestern wird heute Nachmittag (Sonntag) auch Kapitel 78 erscheinen, damit ich wieder in den gewohnten 2 Tagesrhytmus reinkomme ;)
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Psychiatrie - Mexify
Fanfiction,,Bevor ich an meinen Gedanken sterbe, beende ich es lieber selbst" Nach einem gescheiterten Suizidversuch wird der 17.jährige Mexify in die Psychiatrie eingewiesen. Man will seine Psyche in den Griff bekommen, aber für Mexify scheint es nur noch ei...