Ich schloss die Tür hinter mir und verharrte. Mein Herz zog sich immernoch zussammen.
Sie hatten ihn gefunden. Sie hatten den scheiß Brief wirklich gefunden!
Ich wusste, dass ich ihn geschrieben und auf dem Schreibtisch liegen gelassen hatte. Ich wusste, dass ihn meine Eltern gefunden und gelesen hatten. Aber irgendwie hatte ich gehofft, dass sie ihn vergessen würden. Oder verdrängen. Wie ich.
,,Mexi?", Rezos Gestalt tauchte vor mir auf und er musterte mich besorgt, ,,Alles okay?" Ich musterte seine sorgenvollen Augen und nickte.
,,Klar", antwortete ich und ging an ihm vorbei. Ich wollte gerade nicht reden. Und ich konnte auch nicht.
,,Hey!", Rezos Hand griff nach meinem Arm und hielt mich zurück, ,,Jetzt warte mal."
Ich drehte mich zu ihm um und unsere Blicke trafen sich erneut.
,,Was ist los?", fragte er erneut, dieses mal bestimmter. Seine Augen fixierten meine.
Bitte lass mich einfach gehen.
Ich spürte wie mir Tränen in die Augen traten. Scheiße. Nicht weinen.
,,Therapie halt", sagte ich stockend und riss mich dann los. Mit schnelleren Schritten ging ich den Flur entlang. Aber Rezos Schritten folgten mir.
Lass mich einfach allen. Bitte...
Ich beschleunigte erneut und bog um die Ecke zu den Zimmern. Aber was brachte das? Ich konnte mein Zimmer nicht abschließen. Er würde mir so oder so folgen. Scheiß Psychiatrie!
,,Mexi", Rezos Stimme ertönte hinter mir, ,,Stop!"
Wieso? Ich will mir was antun, hör auf mich aufzuhalten! Aber ich sprach es nicht laut aus.
,,Mexi!", Rezo packte mich an der Schulter und riss mich herum, ,,Jetzt warte mal!"
Ich wollte mich wieder losreißen, aber dieses mal war sein Griff fester. Mehr Tränen traten in meine Augen, also konnte ich seinen fragenden Blick nicht erwidern.
,,Lass uns reden", sagte er mit fast flehender Stimme, ,,Oder komm wenigstens in Jus und meim Zimmer." Trotz meiner wässrigen Augen konnte ich seinen Augen nicht mehr ausweichen. Sein Blau traf auf mein Blau und für einen Moment sah ich nur die Angst und Sorge darin. Um mich?
,,Okay...", gab ich schließlich matt nach und entspannte meine Muskeln. Er war stärker als ich und es gab keinen Ausweg ihm zu entfliehen.
Rezo nickte dankbar und zog mich mit zu seinem Zimmer. Ich wischte mir schnell über die Augen, was jedoch zur Folge hatte das eine Träne meine Wange hintertropfte und ihr mehrere folgten. Reiß dich zusammen!
Rezo öffnete die Zimmertür, drückte mich ins Zimmer und schloss die Tür.
,,Julien hat gerade Therapie", erklärte er. Ich nickte nur und ließ mich dann auf sein Bett sinken. Mehr oder weniger freiwillig, da ich das Gefühl hatte, dass meine Beine nachgeben würden, wenn ich noch länger stand.
,,Mexi", Rezo lief zu mir und kniete sich vor mich. So wie immer. Immer wenn es mir scheiße ging saß ich hier und er vor mir. Immer musste er mir helfen.
Erneut schossen mir Tränen in die Augen und ich sah zur Decke.
,,Hey", Rezo legte seine Hand auf mein Knie, ,,Es ist okay zu weinen."
Ich schüttelte den Kopf und kniff die Augen zusammen. Es war nicht okay.
Rezo stand auf, setzte sich neben mich und musterte mich. Wie hielt er es nur mit mir aus?
Erst jetzt schoss mir das Bild meines Abschiedsbriefes wieder durch den Kopf und sofort begannen die Tränen über meine Wange zu rinnen. Ich wollte sie wegwischen, aber Rezo packte meine Hand und zog mich stumm in eine Umarmung. Und ich erwiderte sie, drückte mich an ihn und began zu weinen.
Ich spürte wie immer mehr Tränen auf seinen Hoodie tropften, mein Schluchzen seinen Körper durchfuhr und meine Traurigkeit auf ihn übergriff.
So sehr ich ihn von mir drücken und wegrennnen wollte, so sehr brauchte ich diese Umarmung. Mal wieder.
Rezo strich mir über den Rücken und umarmte mich einfach. Wie man es bei einem kleinen Kind tat, dass sich ein Knie aufgeschürft hatte. Und ich war das kleine dumme Kind.
,,Ist okay", flüsterte er und drückte mich an sich. Aber ich konnte nicht verhindern, dass immer mehr Tränen über mein Gesicht rollten. Es war nicht nur der Abschiedsbrief, es war einfach alles.
Dass ich hier war und mein Versuch gescheitert war.
Dass ich mich selbst verletzt hatte, ohne das er es wusste.
Dass ich mich einsamer fühlte als je zuvor und das ich einfach nicht mehr konnte.
All diese Gefühle brachen einfach so aus mir heraus und ich konnte nichts dagegen tun. Konnte mich nur an Rezo klammern, den ich bis vor ein paar Wochen nicht gekannt hatte. Den ich nie kennengelernt hätte, hätte mein Versuch geklappt. Und wenn einer seiner Versuche geklappt hätte, wäre er auch nicht hier.
Das wir beide sterben wolltem hatte uns zusammengeführt. Und jetzt umarmten wir uns. Einfach weil ich das gerade brauchte. Gerade war er die Klinge. Nur das sie weich war. Weich und warm. Und weniger schmerzhaft.
,,Erzähl mir was passiert ist", flüsterte Rezo nach einet Weile und löste sich aus der Umarmung. ,,Bitte", fügte er hinzu und musterte mich.
Ich wischte mir über mein verheultes Gesicht und wich seinem Blick aus.
,,Sie haben meinen Abschiedsbrief gefunden", stotterte ich matt und wischte mir erneut über das Gesicht. Scheiß Tränen.
Rezo brauchte einen Moment, dann verstand er:,,Oh...fuck."
,,Ja, fuck", wiederholte ich und schüttelte mich. Den Rest verschwieg ich.
,,Und du wolltest ihn nicht wiedersehen, richtig?", fragte Rezo vorsichtig. Ich nickte.
,,Was...also was stand denn drin?", fragte er, ,,Also nur wenn du es sagen willst."
,,Nichts schlimmes, nur das ich nicht mehr kann", gab ich zu und seufzte. Es war nichtmal schlimm, aber es brachte mich leider total aus der Fassung ihn wiederzusehen.
,,Verstehe", brummte Rezo und nickte. Dann schwieg er.
Ich setzte mich an die Wand und fihr mir durch die Haare unter meiner Kapuze.
,,Meinen musste ich mir auch nochmal ansehen", gab er schließlich mit belegter Stimme zu und lächelte traurig.
,,Du hast auch einen geschrieben?", fragte ich verwundert. Irgendwie hätte ich es ihm nicht zugetraut. Es passte nicht zu ihm.
,,Ja. Bei meinem ersten Versuch", Rezo nickte und lachte dann auf:,,Bei meinem zweiten hab ichs besser gewusst und keinen geschrieben."
,,Was hast du geschrieben?", fragte ich nach und sah in seine Augen.
DU LIEST GERADE
Psychiatrie - Mexify
Fanfiction,,Bevor ich an meinen Gedanken sterbe, beende ich es lieber selbst" Nach einem gescheiterten Suizidversuch wird der 17.jährige Mexify in die Psychiatrie eingewiesen. Man will seine Psyche in den Griff bekommen, aber für Mexify scheint es nur noch ei...