Es ist nicht fair. Einen Moment zögerte ich noch, dann klopfte ich an die weiße Tür und hielt inne.
,,Herein", sagte eine Stimme von drinnen und ich drückte die Klinke herunter. Dann betrat ich den ebenso weißen Raum dahinter und musterte das Zimmer.
Felix sah einem Stuhl am Tisch und schrieb gerade etwas auf einen Zettel. Immernoch hatte er die Sonde, die sich über sein halbes Gesicht zog und seine dürre Gestalt abzurunden schien.
Als er mich sah, erhellte sich sein Gesicht. Nichts daran ist fair, Mexi...
,,Mexify", begrüßte er mich und nickte zu seinem Bett, ,,Setz dich."
,,Danke", zögernd ließ ich mich auf seinem Bett nieder. Sein Zimmer glich meinem so sehr, dass sie auch hätten identisch sein können. Weiß und leer.
,,Was machst du?", fragte ich und nickte zu den Zettel vor Felix auf dem Tisch.
,,Therapiekram", seufzte er und ließ einen Bleistift auf das Blatt fallen, ,,Aber kann ich auch später zuende machen." Interessiert musterte er mich.
,,Wieso willst du reden?", er drehte sich zu mir um und musterte mich.
,,Wieso weißt du schon wieder, dass ich mit dir reden will?", stellte ich die Gegenfrage. Meines Wissens nach hatte ich nicht anders als sonst auch geschaut.
,,Man sieht dir an, wenn du denkst", antwortete Felix und lehnte sich im Stuhl zurück, ,,Hat man schon immer."
,,Hm", brummte ich zerknirscht.
,,Also?", fragte Felix erneut nach und musterte mich erneut mit interessierten Augen.
Ich holte tief Luft, dann antwortete ich:,,Ich werde morgen entlassen."
Vier Worte. Aber sie verfehlten seine Wirkung nicht. Felix Gesicht entglitt die Fassung und er starrte mich irritiert an.
,,Du?", war das einzige, was er sagen konnte. Ich nickte und versuchte seinen Blick zu deuten.
,,Entlassen?", wiederholte Felix und blinzelte.
Ich nickte erneut:,,Sie schicken mich in eine Tagesklinik."
Felix lachte auf, dann schüttelte er den Kopf:,,Das kann nicht deren Ernst sein."
,,Doch", bestätigte ich und versuchte weiterhin aus Felix Reaktion schlau zu werden.
,,Und du glaubst, dass das eine gute Idee ist?", fragte er und durchbohrte mich mit seinem Blick.
Nein. Es war keine gute Idee. Aber eine gute Möglichkeit. Ich musterte seine braunen Augen.
Er ahnt, was du vorhast. Ich spürte wie sich mein Herz zusammenzog. Bitte mach es mir nicht schwer, Felix.
Ich biss mir auf die Lippen:,,Tut mir Leid, Felix, aber-"
,,Nein, Mexi", fuhr er dazwischen, ,,Einfach nein."
,,Ich-", setzte ich vorsichtig an, aber er unterbrach mich erneut:,,Das kannst du nicht ernst meinen, Mexi."
Ich biss mir wieder auf die Lippen und suchte nach Worten, die irgendwas bedeuteten. Aber es gab keine. Felix schüttelte den Kopf und suchte meinen Blick, dem ich auswich.
,,Felix, ich-", versuchte ich es verzweifelt.
,,Nein", wiederholte Felix, ,,Mexify, weißt du, was du das redest?" Nein. Aber ich nickte. Bitte versteh mich... irgendwie.
,,Jetzt lass mich ausreden, Felix", dieses mal suchte ich seinen Blick.
,,Ich habs versucht, Felix", versuchte ich zu erklären, was keine Worte hatte, ,,Ich habs wirklich versucht. Jeden Tag, immer wieder. Aber ich kann das nicht ohne Rezo, Felix. Bitte versteh das..." Ich spürte wie sich Tränen in meinen Augen bildeten, während ich ihm in die Augen sah. Es ist die einzige Möglichkeit.
,,Ich kann dich nicht sterben lassen...", Felix schüttelte immer wieder den Kopf und ich sah wie sich auch in seinen Augen Tränen bildeten.
Du kannst. Aber ich schwieg. Natürlich konnte er nicht.
,,Ich bring mich nicht um", versuchte ich es, aber alles in mir schrie mich an. Du lügst!
,,Du lügst", Felix verzog das Gesicht, ,,Du bist ein scheiß Lügner, Mexi." Ich weiß.
Ich nickte langsam und suchte nach den richtigen Worten. Doch die gab es nicht. Es gab keine Worte für das was ich von Felix verlangte.
,,Und was erwartest du überhaupt?", Felix Blick durchbohrte mich, ,,Soll ich dich jetzt morgen gehen lassen, damit du kein übermorgen erlebst?" Ich schüttelte den Kopf, aber schwieg.
,,Nein, Mexi", Felix stand auf, wollte zur Tür, hielt dann aber inne und fuhr sich durch die Haare.
,,Fuck Mexi!", er drehte sich zu mir um. Ich sah die Verzweiflung in seinem Gesicht.
Es ist nicht fair von dir, Mexi... Felix hatte es nicht verdient. Nichts von all dem hier.
,,Ich konnt nicht gehen ohne mich zu verabschieden...", flüsterte ich und spürte wie eine Träne über meine Wange lief. Felix ging zwei Schritte zu mir, dann schlang er die dünnen Arme um mich und drückte mich gegen seinen Körper.
Überrascht erwiderte ich die Umarmung und spürte wie weitere Tränen auf Felix Hoodie tropften. Weinst du jetzt wirklich, Mexi?
,,Es tut mir so verdammt Leid, Felix", flüsterte ich und drückte ihn an mich. Ich wünschte so sehr, dass es anders gekommen wäre.
Felix drückte mich noch fester an sich. Was tust du ihm an?
Ich spürte wie meine Gedanken an mir rissen. Aber mein Entschluss stand fest. Egal wie unfair er auch war.
,,Ich hab dich unfassbar lieb gewonnen", flüsterte ich, ,,Aber ich habe einfach keine Kraft mehr Felix... bitte versteh das irgendwie." Zu meiner Verwunderung nickte Felix.
,,Ich versteh das, Mexi, glaub mir", er löste sich aus der Umarmung und sah mit wässrigen Augen zu mir, ,,Aber ich kann nicht aufgeben."
,,Du bist stark", ich versuchte ein Lächeln. Er erwiderte es.
Felix würde mich nicht aufhalten können. Selbst wenn er gewollt hätte.
Vielleicht war es das worum ich ihn am meisten beneidete. Er verstand meine Gedanken und dennoch würde er immer weiter kämpfen. Solange er Rewi hatte, würde er kämpfen. Aber ich habe meinen Rewi verloren... ich habe Rezo verloren... und das versteht er.
,,Wie kannst du verlangen, dass ich dich sterben lasse?", fragte Felix leise.
,,Die Entscheidung steht, du könntest sie nicht beeinflussen", antwortete ich, ,,Meine Eltern haben entschieden." Felix musterte mich eine Weile, dann seufzte er schwer.
,,Ich kann dich nicht sterben lassen...", wiederholte er und biss sich auf die Lippen. Es ist unmöglich was ich verlange...
Ich nickte langsam:,,Es ist nicht fair..."
,,Das Leben ist nicht fair", murmelte Felix zerknirscht und wischte sich über die Augen.
Und ich mache es noch unfairer... wie egoistisch kann ein gescheiterter Suzidversuch bitte noch werden?
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Psychiatrie - Mexify
Fanfiction,,Bevor ich an meinen Gedanken sterbe, beende ich es lieber selbst" Nach einem gescheiterten Suizidversuch wird der 17.jährige Mexify in die Psychiatrie eingewiesen. Man will seine Psyche in den Griff bekommen, aber für Mexify scheint es nur noch ei...