Justins Sicht:
Liebevoll schloss ich Jamie in meine Arme und passte dabei auf ihren kugelrunden Bauch auf, der mich zu Tränen rührte. Sie trug mein Kind unter ihrem Herzen. Unser Kind. Unseren Sohn. Es fühlte sich so unglaublich verrückt an, dass ich in einem Monat Vater werden würde. Ich dachte immer, mein erstes Kind sei von Amélie. Und als Amélie vor zwei Jahren schwanger war, war ich schon der glücklichste Mann der Welt, bis sie das Baby verloren hatte.
„Jamie, wie geht es dir?", fragte ich sie mit leiser Stimme. Sie löste sich aus der Umarmung und schaute mich mit verheultem Blick an. Aber obwohl Tränen in ihren Augen standen, lächelte sie.
„Komm erstmal rein! Ich kann gar nicht glauben, dass du hier bist", murmelte sie geschockt. Ich schaute kurz zu Ryan und deutete ihm mit meiner Armbewegung an, dass ich noch mit zu Jamie gehen würde. Ryan schrieb mir daraufhin eine Nachricht, in der stand: „Bist du mir böse, wenn ich nach Hause fahre?"
Ich schüttelte den Kopf und ruckzuck war Ryan auch schon mit dem Auto verschwunden. Dann musste ich später wohl zu Fuß nach Hause gehen, aber so weit war es von hier aus zu Amélie nicht.
Jamie und ich setzten uns auf ihre Couch im Wohnzimmer, wobei sie eher lag, weil das Sitzen mit der Kugel nicht so super funktionierte. Völlig überwältigt starrte ich auf ihren Bauch und legte vorsichtig meine Hand darauf.
„Wie geht es unserem Sohn?", fragte ich neugierig. Auch, wenn Jamie noch nicht einmal auf meine vorherige „Wie geht es dir"- Frage geantwortet hatte.
„Du weißt, dass es ein Junge wird?", wollte Jamie verwundert wissen.
„Ja, Ryan hat es mir erzählt. Ist alles okay mit dem Kleinen? Was sagen die Ärzte? Wann soll er geboren werden?"
Jamie lachte und legte ihre Hand auf meine, sodass beide Hände ihren Bauch berührten. Und sofort spürte ich das sanfte Treten von unserem Sohn. Mein Herz ging einfach komplett auf und unendlich viele Vatergefühle entwickelten sich auf Anhieb.
„Das sind viele Fragen, Justin. Uns geht es gut. Der Arzt hat gesagt, dass der Kleine kerngesund ist und er soll Ende des nächsten Monats kommen", flüsterte sie lächelnd. Ich konnte das ganze noch nicht so ganz realisieren. In einem Monat würde ich so viel Verantwortung tragen, wie noch nie. Ich musste der beste Vater der Welt sein.
„Dann wurde ich ja rechtzeitig aus der Klinik entlassen, was?", scherzte ich ein bisschen, doch Jamie fand das gar nicht lustig. Sie schaute bedrückt auf den Boden und war schon wieder kurz davor zu weinen. „Hey, Süße.. was ist los?"
„Justin, ich hatte Angst, dass du noch länger in der Entzugsklinik bist! Ich hatte Angst, dass ich die Geburt alleine durchziehen muss! Ich habe immer noch Angst vor der ganzen Zukunft! Ich bin erst 19!"
Ich leckte mir über die Lippen und erinnerte mich daran, dass ich vor zwei Monaten einen Brief in die Klinik bekommen hatte, dass Jamie Geburtstag hatte. Trotzdem war sie immer noch viel zu jung um ein Baby zu bekommen. Aber ich war auch erst 21 und ich hatte uns die Scheiße eingebrockt, also konnte ich nicht über sie urteilen. Es tat mir nur extrem leid, dass ich nicht für sie da sein konnte.
„Jamie, ich habe auch Angst! Unser Sohn wird unser beider Leben komplett verändern. Ich weiß nicht wie ich das mit Amélie geregelt kriegen soll, es wird immer wieder Streit geben und wir Beide müssen weniger arbeiten, um für ihn dazusein! Jamie, wir schaffen das gemeinsam, da bin ich mir sicher!", sagte ich ermutigend. Ich war mir zu hundert Prozent sicher, dass wir das geregelt bekamen.
„Ich weiß es nicht, Justin! Ich habe keine Ahnung wie ich es schaffen soll ein Kind großzuziehen! Und ich habe so Angst vor der Geburt."
Ich seufzte und starrte auf ihren Bauch. Ich wusste nicht, wie ich Jamie die Unsicherheit und die Angst nehmen sollte.
