Kapitel 274

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Amélies Sicht:


Justin fuhr sich mit der Hand über den Mund undvergrub anschließend sein Gesicht in seinen Händen. Ich hörte ihnschwer atmen und begann nervös mit meinen Fingern zu spielen.
„Wasfür Tabletten, Justin?", fragte ich noch einmal, doch Justin sahmich wieder nicht an. Er schaute zur anderen Seite und fuhr sichdurch die Haare.
Dann traute er sich endlich, mich anzusehen undich erkannte ein paar Tränen in seinen Augen. Er öffnete den Mundund wollte etwas sagen, doch mal wieder kamen keine Worte raus.
„Bist du krank?", wollte ich ängstlich wissen. Es mussteimmerhin etwas zu sagen haben, wieso er kurz vorm Weinen war.
Erbiss sich auf die Unterlippe und kurz darauf leckte er sich über dieLippen.
„Ich..." er hörte gleich wieder auf zu sprechen undatmete tief ein und aus. „Ich muss täglich Medikamente nehmen, dieder Arzt mir verschrieben hat, weil...", murmelte er leise, dochdann brach er wieder ab.
„Justin, du kannst mir alles sagen.Bitte sag' mir endlich was los ist."
Justin seufzte undunterdrückte sich immer noch die Tränen, was eindeutig zu sehenwar. Ich nahm mutig seine Hand und legte sie auf meinen Schoß, bevorich sie mit beiden Händen umschloss und ihn besorgt ansah.Vielleicht konnte ich ihm durch das Händchenhalten ein bisschenKraft geben, so wie er mir immer Kraft gab.
„Ich... hab starkeDepressionen", sagte Justin schließlich. Er schloss die Augen undpresste die Lippen aufeinander. Er war kurz davor zu weinen, aberauch ich würde gerade am liebsten weinen, denn Justin war krank. Erlitt unter Depressionen und ich hatte die ganzen letzten Wochennichts gemerkt. Niemand hatte etwas gemerkt, wie konnte so etwassein?

„Seit wann hast du die Diagnose?", fragte ich mitzitternder Stimme. Justin öffnete die Augen und sah mich an. Es liefeine Träne über seine Wange und es versetzte mir ein Stich imHerzen, wenn ich ihn weinen sah.
„Seit einem halben Jahr. AmAnfang waren es noch leichte Depressionen, aber von Tag zu Tag wurdensie schlimmer und inzwischen sind sie so schlimm, dass ich wirklichmanchmal an... Selbstmord denke. Ich könnte den ganzen Tag heulen,ich schlucke mehrere Antidepressiva pro Tag, aber ich hab das Gefühl,die wirken nicht mehr. Deswegen betrink' oder bekiff' ich michständig, weil ich dieses Gefühl von endloser Trauer und scheißLaune nicht mehr aushalte."
Seine Stimme bestand am Schluss nurnoch aus einem Krächzen. Er versuchte immer noch zu unterdrücken,richtig loszuheulen.
Geschockt starrte ich ihn an. Justin hatteSelbstmordgedanken? Wie konnte ich das die letzten Wochen nichtgemerkt haben? Wieso hatte ich nie daran gedacht, dass er krank seinkönnte?
„Wer weiß davon?", wollte ich neugierig wissen.
„Nur Ryan... und jetzt noch du."
„Aber wenn du es schonso lange weißt... wieso hast du nie mit jemandem geredet? Wieso hastdu trotzdem weiter gearbeitet? Wieso machst du dich jeden Tag mehrkaputt, obwohl du weißt, dass du schon krank bist?!" fragte ichihn mit ernster Stimme.
Justin leckte sich über die Lippen undschaute mir in die Augen.
„Ich hab nie darüber geredet, weilich selbst nicht einsehen wollte, dass ich krank bin. Scooter hättemir verboten weiterhin zu arbeiten und das wollte ich nicht. Dukennst mich... ich will meine Beliebers nicht enttäuschen. Icharbeite, bis ich umkippe. Das bin nun mal ich und das wird auch immereine Eigenschaft von mir sein, die niemand ändern kann", flüsterteJustin leise.

Ich hielt immer noch seine Hand umschlossen undwollte sie auch auf keinen Fall loslassen.
„Aber... hast dueine Ahnung, wieso du Depressionen bekommen hast?", wollte ichmutig wissen. Ich hatte ein bisschen Angst vor seiner Antwort, dennich befürchtete, dass er unter anderem meinen Namen nennen würde.
Justin seufzte und fuhr sich durch die Haare. Er nickte stumm,während er tief ein und ausatmete.
„Nach unserer Trennunghatte ich schon das Gefühl depressiv zu sein, aber ich bin damitzurecht gekommen, bevor ich komplett zerbrochen bin... und dann kamdie Trennung von Madison. Die Erinnerungen an deinen Fehltritt kamenzurück und ich konnte mir nicht erklären, wieso ich zweimalbetrogen wurde. Dazu kommt die Presse, die ständigen Lügen, die sieüber mich erzählen... die Paparazzi, die mir folgen. Ich habangefangen dich mit jedem Tag mehr zu vermissen, obwohl du michverletzt hast. Ich brauchte eine Person, die mich auffängt, bevorich in einen tiefen Abgrund falle und... diese Person hatte ich schonlange verloren. Ich brauchte dich, aber du warst nicht da. Und als duwieder da warst...als meine beste Freundin, da war es bereits zuspät. Ich bin in diesen Abgrund gefallen und..." auf einmal finger an zu weinen. Er schluchzte und ließ seinen Tränen freien lauf.„Und ich schaffe es nicht mehr alleine raus. Ich hab so vieleMenschen aus dem Abgrund gerettet, aber... ich schaffe es nicht michselbst zu retten", erklärte er mir mit Tränen in den Augen.
Mitoffenem Mund starrte ich ihn an. Er hatte mich die ganze Zeit übervermisst, obwohl ich ihn verletzt hatte? Es ging ihm so schlecht undjetzt musste ich ihn hier neben mir leiden sehen. Ich wollte für ihnda sein, ihn glücklich machen.
„Justin... es tut mir leid,dass ich nie etwas gemerkt habe. Dir geht es so schlecht und ich habdich immer nur wegen deinem Verhalten angeschrien. Du hättest mitmir reden sollen. Du musst da doch nicht alleine durch."

Justin vergrub sein Gesicht in seinen Händen und schluchztelaut. Ich strich ihm über den Rücken und wusste gar nicht, was ichsagen sollte um ihn zu beruhigen.
„Ich schaff das auch nichtmehr alleine", krächzte er, während er weinte. Ich seufzte undholte tief Luft.
„Sieh' mich an, Justin.. bitte." flehte ichhoffnungsvoll. Justin hatte noch nie Angst gehabt, mir gegenüber zuzeigen, wenn es ihm schlecht ging. Schon als wir ein Paar waren,hatte es ihm nichts ausgemacht vor mir zu weinen.
Er drehte sichzu mir und sah mir in die Augen. Es liefen viele Tränen über seineWange und er schniefte immer wieder, aber vielleicht brauchte er dasendlich mal. Viel zu lange hatte er seine Gefühle schon versteckt.
„Du musst da nicht mehr alleine durch, Justin. Ich... ich liebedich und ich möchte das mit dir zusammen durchstehen."
Jetztwar es endlich raus. Ich hatte ihm meine Liebe gestanden und JustinsGesicht zufolge war er ziemlich geschockt darüber. Aber ich konnteihn verstehen, immerhin war er gerade emotional am Ende und dannsagte seine Ex ihm auch noch, dass sie ihn liebte.
„Du..." Erwusste nicht so recht, was er sagen sollte.
Ich schaute ihm tiefin die Augen und leckte mir über die Lippen. „Ich hab Austin nichtverlassen, weil es nicht mehr funktioniert hat. Ich hab ihnverlassen, weil es nur einen Jungen gibt, den ich so aufrichtig undbedingungslos lieben kann. Ich möchte nicht mehr nur deine besteFreundin sein, Justin. Ich möchte dich lieben dürfen, von dirgeliebt werden. Gerade jetzt, wo es dir so schlecht geht, möchte ichdiejenige sein, die dich glücklich macht. Ich hab viel Scheißegebaut, dass weiß ich. Aber mir ist in dem letzten Jahr etwasklargeworden... Ich will nur dich. Für mich gibt es nur dich. Dubist die Liebe meines Lebens, du warst es schon immer und ich bittedich um einen Neuanfang. Ich möchte es nochmal mit dir versuchen,Justin", erklärte ich ihm ehrlich.

Justin starrte mich dieganze Zeit mit offenem Mund an und wirkte etwas sprachlos.
„Du...du warst die Liebe meines Lebens, Amélie. Dann hast du mir das Herzrausgerissen. Und trotzdem bist du immer noch die Eine für mich,aber... ich weiß nicht, ob ich das nochmal kann. Ich weiß nicht, obich dir so etwas antun kann. Ich bin ein Wrack, Amélie... ich habSelbstzweifel, ich fang ohne Grund an zu heulen, ich habSelbstmordgedanken und ich weiß nicht, ob ich es schaffe, dirnochmal mein Herz zu schenken. Ich hab Angst... dass unsere Beziehungwieder in die Brüche geht und ich dadurch einen Totalabsturzerleide", schluchzte Justin traurig.
Ich strich ihm seitlichdurch die Haare und lächelte ihn an, denn er war einfach sowunderschön. Wie gerne würde ich ihm jetzt gerade beweisen, dassich ihn nicht noch einmal verletzten würde, doch ich wusste nicht,wie ich das anstellen sollte.
„Für mich bist du kein Wrack,Justin. Ich liebe dich, egal wie oft du heulst oder zusammenbrichst.Wir können es langsam angehen lassen. Du musst mir nicht sagen, dassdu mich liebst und wir müssen uns meinetwegen auch nicht gleichküssen, aber... ich möchte dein Herz Stück für Stückzurückgewinnen. Bitte, gib mir die Chance dazu." flehte ichhoffnungsvoll.
Justin sah mich eindringlich an und dann nickte erplötzlich. Ich strahlte über beide Ohren und schlang meine Armevorsichtig um ihn. Er erwiderte die Umarmung und drückte mich festan sich.
„Bitte hilf mir aus den Depressionen raus", flehteer verzweifelt.

„Ich werde dir helfen", versprach ich ihmglücklich. Niemals würde ich zulassen, dass er an den Depressionenzerbrach und seinen Körper mit Drogen zerstörte.
Wir löstenuns voneinander und lächelten uns an. Justin biss sich nervös aufder Unterlippe rum und starrte mir tief in die Augen. Es störte michnicht, dass wir es langsam angehen lassen wollten und das er michjetzt noch nicht küsste. Es ging mir nur darum, dass ich wusste,dass er mehr als nur befreundet sein wollte.
Und auch ohne Küsseund ohne sein Liebesgeständnis, hatte ich Millionen Schmetterlingein meinem Bauch und ein wohliges Kribbeln im ganzen Körper. Justinverpasste mir nur mit seinem intensiven Blick eine Gänsehaut und esreicht mir schon vollkommen aus, dass wir Händchen hielten.
„Ichliebe dich", hauchte Justin auf einmal.
Mit offenem Mund sahich ihn an, denn mit diesen Worten hatte ich jetzt überhaupt nichtgerechnet.
„Du hast es gesagt", stellte ich erschrocken fest.Justin lächelte leicht und näherte sich meinen Lippen, bis er seineStirn gegen meine legte.
„Ich vertraue dir und ich hoffe dirist klar, dass ich dir gerade, innerhalb von Sekunden, mein ganzesHerz geschenkt habe... bitte brich es nicht noch einmal."
Ichstrahlte über beide Ohren und konnte mein Glück gar nicht fassen.
„Werd' ich nicht."
Dann überwand Justin die letzteZentimeter und legte seine weichen, vollen Lippen auf meine.

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