Amélies Sicht:
Ich drehte mich wieder zu meinen Eltern um, die mich beide mit offenem Mund anstarrten. Jetzt gab es Ärger. Ich spürte förmlich, wie die Wut bei ihnen anfing zu kochen.
„Du hast ein Tattoo?" fragte mein Vater geschockt. Ich nickte und schaute ängstlich auf den Boden. „Ist dir klar was du da getan hast? Das Tattoo bleibt dein Leben lang!" meckerte mein Vater unverständlich. Natürlich konnte er nicht verstehen, dass ich mir ein Tattoo gestochen hatte. Damals hatte ich immer versprochen, das niemals zu machen.
Doch ich wollte die Liebe zu Justin für immer auf meiner Schulter tragen. Selbst wenn wir uns trennen sollten, wollte ich mich daran erinnern, wie sehr ich ihn liebte.
„Ich weiß Dad, aber ich denke ich bin alt genug um selber zu entscheiden, was richtig und was falsch ist." antwortete ich leise.
Meine Mutter kam auf mich zu und stellte sich hinter mich. Sie streifte einen Träger vom Top runter und fuhr über mein Tattoo. Mein Vater starrte mich nur fassungslos an. Er konnte es gar nicht glauben, dass seine kleine Prinzessin ein Tattoo auf der Schulter hatte.
„Was bedeuten die Schriftzeichen?" fragte meine Mutter leise, während sie erneut über das Tattoo strich.
„Die Schriftzeichen heißen übersetzt... Justin." gestand ich mit schlotternden Knien. Mein Vater sah mich an, als wäre ich total bekloppt geworden.
„Du hast dir 'Justin' tätowieren lassen?" fragte er schockiert. Ich wollte gerade antworten, da unterbrach er mich schon wieder. „Dir ist klar, dass ihr euch jederzeit trennen könntet und dann hast du seinen Namen bis in alle Ewigkeit auf der Schulter! Was hast du dir dabei gedacht?!" schrie mein Vater wütend.
Ich konnte ja verstehen, dass er nicht gerade zufrieden mit der Situation war, aber musste er mich gleich anschreien? Ich war volljährig und konnte sozusagen machen was ich wollte.
„Mir ist klar, dass Liebe vergänglich ist, aber ich wollte sowieso ein Tattoo haben und die Schriftzeichen sehen schön aus... und für mich haben sie eine besondere Bedeutung! Außerdem weiß niemand, was es bedeutet.. außer die Chinesen natürlich." sagte ich mit einem Lächeln auf den Lippen.
Ich hoffte, dass mein Vater ein bisschen lockerer wurde, aber leider war das nicht der Fall.„Du wolltest dir sowieso ein Tattoo stechen lassen?" fragte er mit lauter und kräftiger Stimme. Er schüchterte mich wirklich ein, wenn er so schrie, weshalb ich einfach nur nickte. „Mir war klar, dass dieser Junge nicht gut für dich ist!" sagte mein Vater plötzlich.
Ich sah ihn ausdruckslos an. „Was hat Justin denn jetzt damit zu tun?!" wollte ich fassungslos wissen. Wie konnte er nur denken, dass Justin schlecht für mich war? Vor ein paar Minuten mochte er ihn noch so gerne und jetzt sollte er schlecht für mich sein? Konnte mein Vater sich mal entscheiden?
„Dieser Typ hat doch selber 8 Tattoos! Er hat dich bestimmt dazu überredet, dir ein Tattoo stechen zu lassen!" schrie mein Vater aufgebracht.
„Justin weiß noch nicht mal das ich ein Tattoo habe, Dad! Er hat mit meiner Entscheidung gar nichts zu tun!" kreischte ich wütend. Mir schossen Tränen in die Augen, weil ich nicht glauben konnte, wie mein Vater über Justin redete.
„Schatz sie ist alt genug um selber zu entscheiden, was sie mit ihrem Körper macht!" mischte sich meine Mutter ein.
Wenigstens stand sie auf meiner Seite, auch wenn ich von ihrem Gesicht ablesen konnte, dass sie es ebenfalls nicht gut fand, dass ich ein Tattoo hatte.
„Trotzdem hat der Bängel ihr diesen Floh in den Kopf gesetzt!" sagte mein Vater wütend. „Ich verbiete dir jeglichen Kontakt mit ihm!"
Mein Mund klappte auf und jetzt heulte ich erst recht los. „Ich hasse dich!" schrie ich, bevor ich mich von meiner Mutter los riss und auf mein Zimmer rannte.
Wie konnte mein Vater so abwegig reagieren? Er wollte mir den Kontakt mit Justin verbieten? Hatte er noch alle Tassen im Schrank? Ich dachte immer, er mochte Justin.
Die Tränen nahmen gar kein Ende mehr. Wieso konnte mein Vater meine Entscheidung nicht einfach akzeptieren? Das Tattoo gehörte jetzt zu mir und ich bereute es kein bisschen, dass ich es hatte.Ich griff zu meinem Handy und rief Justin an, aber leider ging er nicht ans Telefon. Wahrscheinlich war er gerade beim Psychater, oder er spielte mit seinen Geschwistern. „Verdammt!" fluchte ich wütend. Ich würde meinem Vater am liebsten eins in die Fresse schlagen. Er wollte mir das Beste aus meinem Leben einfach verbieten.
Ich ließ mir gar nichts verbieten! In drei Wochen zog ich mit Justin zusammen, egal ob mein Vater das wollte oder nicht!
Plötzlich klopfte es an der Tür. „Darf ich reinkommen?" fragte meine Mutter leise. „Nein!" schrie ich wütend. Trotzdem öffnete sie die Tür und betrat mein Zimmer. Als sie mich sah verschwand ihr Lächeln sofort. Wahrscheinlich sah ich schlimm aus. Meine Schminke war bestimmt so sehr verschmiert, dass ich wie ein Panda aussah.
„Dein Vater hat es nicht so gemeint." murmelte meine Mutter beruhigend. Sie setzte sich an mein Bett und legte ihre Hand auf meine.
„Ach nein? Hat sich aber so angehört.." keifte ich verletzt zurück.
„Sieh mal Schatz... du bist jetzt erwachsen, du hast einen Freund und jetzt hast du auch noch ein Tattoo. Dein Vater gibt eigentlich gar nicht Justin die Schuld dafür... Er kann es nur nicht mit ansehen, wie schnell du erwachsen wirst. Durch das Tattoo hat er gemerkt, dass du Justin über alles liebst und er hat Angst, dass du dich immer weiter von ihm entfernst, wenn du weiterhin mit Justin zusammen bist." erklärte meine Mutter mir.
Ungläubig sah ich meine Mutter an. Ein bisschen leid tat es mir schon, dass ich gesagt hatte, dass ich meinen Vater hasste. Er hatte doch nur Angst, seine kleine Prinzessin zu verlieren.
„Er kann mir den Kontakt mit Justin aber nicht verbieten... Er ist nun mal Teil meines Lebens. Ich liebe ihn und ich werde mit ihm zusammen ziehen, egal was ihr davon haltet!" sagte ich sofort.
Meine Mutter strich über mein Tattoo und lächelte mich an. „Ich weiß. Dein Vater ist gerade ziemlich fertig, weil du gesagt hast, dass du ihn hasst. Geh zu ihm und entschuldige dich." sagte meine Mutter lächelnd.
Ich nickte und stand auf. Bevor ich aus dem Zimmer verschwand, rief meine Mutter mir noch etwas hinterher: „Das Tattoo sieht übrigens wunderschön aus!" Ich lächelte und bedankte mich bei ihr, bevor ich zu meinem Vater runter ging, der verzweifelt auf der Couch saß.
